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Dörpfeld, Wilhelm; Reisch, Emil
Das griechische Theater: Beiträge zur Geschichte des Dionysos-Theaters in Athen und anderer griechischer Theater — Athen, 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.5442#0172

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Ii. Das Theater in Magnesia am Mäander.

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und zu Rampen umgeändert, auf denen man zur Bühne hinaufsteigen konnte.
Die grosse Höhe der letzteren von etwa 2,30m übersteigt das von Vitruv ange-
gebene Maximalmass beträchtlich und ist nur dann verständlich, "wenn die un-
tersten beiden Sitzreihen nicht mehr benutzt wurden. Vermutlich waren sie in
irgend einer Weise überbaut, damit der unverändert gebliebene Teil der Orches-
tra von Brüstungsmauern rings umgeben war und so als Arena oder Konistra
gebraucht werden konnte. Eine Bühne von ähnlicher Höhe und Gestalt scheint
auch im Theater von Tralles vorhanden zu sein (vergl. Athen. Mittheilungen
1893, S. 409), doch ist die Ausgrabung dieses Baues nicht soweit ausgeführt
worden, dass der Grundriss des Skenengebäudes ganz verstanden werden kann. Viel-
leicht Avar es ein Irrtum, dass ich den bühnenähnlichen Vorbau vor der Skene
für ein Proskenion erklärte. Ohne weitere Ausgrabung wird diese Frage für
Tralles nicht entschieden werden können.

In dieselbe spätere Zeit fällt auch die Anlage eines zweiten unterirdischen
Ganges, welcher aus dem Räume unter dem Vorbau zur Mitte der Konistra führt,
dort nach beiden Seiten rechtwinklig umbiegt und dann nach 2,50 resp. 3,50"'
endet; er kann erst erbaut sein, nachdem der ältere Gang längst zerstört war.
Welchen Zweck dieser Gang gehabt hat, Avage ich nicht zu entscheiden; jedenfalls
hat er nicht dieselbe Bestimmung gehabt wie der ältere Gang, weil in der Ko-
nistra weder eine Öffnung, noch eine Treppe vorhanden ist, um zu dem Gang
hinabsteigen zu können. Ein ähnlicher unterirdischer Hohlraum scheint im Theater
von Tralles vorhanden zu sein.

Noch eine andere Eigentümlichkeit hat unser Theater mit anderen klein-
asiatischen Theatergebäuden gemein. Als Zugang für die Zuschauer besitzen die
beiden Stützmauern je eine über 2m breite Thür und im Anschluss an dieselben
breite Treppen, auf denen der Zuschauerraum von der Seite zu betreten war.
In Griechenland selbst ist mir eine solche Einrichtung nicht bekannt, während
sie in Kleinasien vielfach vorkommt.

Vergleichen wir zum Schluss die verschiedenen Bauepochen unseres Thea-
ters mit den Perioden des athenischen Baues, so finden wir zuerst das feste
Skenengebäude Lykurgs mit seinem beweglichen Proskenion, sodann das feste
Proskenion der hellenistischen Zeit und schliesslich die erhöhte Bühne der rö-
mischen Zeit durch entsprechende Bauperioden vertreten.

(W. D.)
 
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