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Dörpfeld, Wilhelm; Reisch, Emil
Das griechische Theater: Beiträge zur Geschichte des Dionysos-Theaters in Athen und anderer griechischer Theater — Athen, 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.5442#0322

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Attische Vasen.

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platzes dargelegt worden ist. Das Bild von der Verfolgung der Iris zeigt neben
dem Altar noch ein niedriges Podium, ein Bema, das notwendig war, weil der
Altar selbst keine Unterstufe hat. Dieser Tritt, auf den vielleicht der Name ÖuyiXvj
vom Altare übertragen werden darf, vgl. S. 278), war wohl nicht nur der Platz
des Herolds, der den Zuschauern Mitteilungen zu machen hatte, und des Flö-
tenspielers, der den Chor mit seiner Musik begleitete, sondern konnte auch unter
Umständen vom Schauspieler betreten werden; und auch Iris, die wohl eine Bot-
schaft der Götter zu überbringen hatte, hat vielleicht dort gestanden, als sie von
den Satyrn angegriffen wurde.

In anderer Weise sehen wir Dichter, Schauspieler und Choreuten auf dem-
selben Boden im Heiligtum des Dionysos (in der Orchestra?) vereinigt auf der
um 400 vor Chr. gemalten Neapeler Satyrspiel-Vase (3240, Heydemann; Mon.
d. Inst. III, 31, Wiener Vorlegebl. E, T. VII, vgl. Prott, Schedae philologae für
Usener, 1891, S. 48). Aber auch dieses Bild wird man, da es nur eine in ideale
Sphäre gerückte Darstellung der Spielvorbereitungen giebt, nicht als vollgiltiges
Zeugnis für das Zusammenspiel in der Orchestra betrachten wollen.

Noch weniger deutlich sind die Beziehungen zum Theater bei jenen atti-
schen Vasenbildern, deren Gegenstände sich mit dem Inhalt der gleichzeitigen
Tragödien berühren; denn auch dort, wo für die Gestaltung des Bildstoffes eine
von einer dramatischen Dichtung geprägte Sagenform massgebend gewesen sein
mag, sind doch die Helden des Theaters von dem Maler zurückübersetzt in
die Typen, die ihm für anderweitige bildliche Darstellungen heroischer und
menschlicher Vorgänge geläufig- waren. Dazu kommt, dass auch noch die Maler
des entwickelten rotfigurigen Stils den Schauplatz der Handlung überhaupt nicht
oder nur in knappster Weise andeuten, also am allerwenigsten Anlass hatten,
den Schauplatz einer mythischen Handlung nach dem Muster des Theaters wie-
derzugeben.

Die Scrofani'sehe Zeichnung nach einer «Vase von Aulis» bei Miliin, Vases
grecs, T. 55 (Wieseler, Theatergebäude und Denkmäler, T. IV, 8, Welcker, Ant,
Denkmäler, III, 440), die das Theaterspiel des V. Jahrhunderts veranschaulichen
soll, ist eine Fälschung, vgl. O. Jahn, Katalog d. Münchener Vasensammlung
S. XXV, S. Reinach, Biblioth. des monum. figures, II, S. 74.

Greifbar ist der Einfluss der Tragödie erst auf den grossen unteritalischen
Vasen des späteren IV. Jahrhunderts, deren Bilder sich auf das Engste an die
Dramen des Euripides und seiner Nachfolger anschliessen, vgl. Vogel, Scenen euri-
pideischer Tragödien in Vasengemälden, Leipzig, 1886. Während auf einer grossen
Zahl dieser Vasenbilder der Schauplatz nur durch einen Altar, ein Götterbild,
eine Säule, oder durch einzelne Gegenstände, die als Schmuck einer (nicht dar-
gestellten) Hinterwand zu denken sind, angedeutet ist, finden sich daneben auch
nicht wenige Bilder, in deren Mittelpunkt eine mit Giebeldach geschmückte Säu-
lenhalle gesetzt ist. Für unsere Zwecke genügt es, aus dieser Vasenklasse, deren
grösste und sorgfältigste Exemplare etwa der Epoche Alexanders angehören,
 
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