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Dörpfeld, Wilhelm; Reisch, Emil
Das griechische Theater: Beiträge zur Geschichte des Dionysos-Theaters in Athen und anderer griechischer Theater — Athen, 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.5442#0366

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35i

Dramen gar nicht gedacht haben. So bemerkt der Scholiast zu Aesch. Prom. 28:
Teuro: c£ fxaw Siä irqyjxvqq äspjoovoüt^.svai: «totcov y*P xctawöev SiaXeyssöai tm ss
ü'iou;. Der Scholiast zu Soph. Ai. 866 wusste noch nicht, wie es die heutigen
Erklärer zu wissen meinen, dass nur Tekmessa den Leichnam finden könne, weil
sie sich allein auf der Bühne befinde, sondern er denkt sich Chor und Schau-
spieler offenbar auf gleichem Boden, wenn er sagt: oi «üb yopod 7:po'fa<HV waitsp £•/.
äta^opwv TOittov v.y.-' ä'XXyjv xat aXXvjv stasoov, ^yjtöÖvts; tgv Ai'avta xal v) Tex|j.s<Taa st;
aXXwv, ijTt? Kai irpuiKj £tu-uy-/d(Väi tu icTco(ji.aTi: Auch bei den Worten des Philo-
kleon (Arist. Vesp. 1342): äväSaivs Seupo, hat zwar der Scholiast auch gedacht
Philokieon stehe auf einer Erhöhung, aber wenn er sagt : kxl Tiv'05 pereiopou 6
yepwv e^suiws jcpoaxaXetTai x-^v s-at'pav, so hat ihm offenbar die Vorstellung von
einer Schauspielerbühne vollkommen fern gelegen. Und ebensoAvenig ist der Scho-
liast, der Soph. Oed. Col. 164 (icoXXa xeXsuöo? spaTusi) erläuterte, auf den Gedan"
ken der heutigen Gelehrten gekommen, dass mit der weiten Entfernung, die
den Chor von den Schauspielern trennt, eine Bühne gemeint sei, wenn er sagt:
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fftv aütöv, [ay) Suvxjaevoi euiSrjvai tw to-m, xal xauxa sitcovtov x,aiä [mx'pbv 6 OlSfabu?
Jupolp^6T«t, v.a\ '(atonal waTtep ev tu oüSw tcu ■/wpiou.

Können wir hiernach auch keinen antiken Schriftsteller namhaft machen'
der ausdrücklich berichtet, class Schauspieler und Chor auf demselben Platz ge
spielt haben, so besitzen wir andrerseits auch keine einzige Nachricht, die gegen
ein gemeinsames Spiel Zeugnis ablegt, denn dass auch Vitruv, obwohl er von einer
griechischen Bühne spricht, keineswegs sagt, dass die Schauspieler oben, der Chor
aber unten in der Orchestra gespielt habe, wurde schon oben (S. 169) gesagt
und ist auch von anderer Seite betont worden (vgl. Bethe, S. 265). Von dem dra-
matischen Chor spricht Vitruv nicht, sondern von den Techniten der verschie-
densten Art, wie sie in den griechischen Theatern aufzutreten pflegten. Alle
■ Nachrichten der alten Schriftsteller lassen sich, wie die früheren Abschnitte ge-
zeigt haben, mit dem gemeinsamen und auf dem gleichen Boden stattfindenden
Spiele von Schauspielern und Choreuten ausnahmslos in Einklang bringen.

Ist es aber überhaupt wahrscheinlich, dass im griechischen Theater ein räum-
lich getrenntes Spiel der Schauspieler und des Chores, sei es vom Anfange oder
vom Ende des V. Jahrhunderts an, stattgefunden habe, ohne dass in der griechi-
schen Literatur irgend welche sicheren Angaben oder auch nur klare Andeutungen
einer solchen wesentlichen Einrichtung zu finden sind ? Ist es ferner nicht auf-
fallend, dass die ältere griechische Literatur kein Wort für diese vermeintliche
Bühne hat, und dass für den Platz, an dem der Schauspieler stand und von dem
er sprach, die Bezeichnungen i%\ oxvjvf}^ und öbco axvjvijs (nicht aber etwa erct Xo-
ysCou oder crab Xoyefou) üblich waren ?

Glücklicherweise besitzen wir aber in den erhaltenen Baudenkmälern
sichere und deutliche Belege für das Nichtvorhandensein einer Bühne.

Obgleich kein Theater aus der Zeit der grossen Dramatiker mehr erhalten
 
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