Überdrang der Offenbarung riesiger Gesichte und in der Bedrängnis des
Mitteilungszwanges unendliche Vielfalt des Einzelnen, des Beiwerks und
der Schmückung. Nie kann im Angesichte seines nie zuvor erlittenen Auf?
träges im Schaffenden die Lust erwachen, das Maß seines Stoffes zu dehnen,
die Wucht des auf einmal Geschauten zu schwächen mit eigener Zutat.
Einfältig?kyklopisches Sagen des kaum von der Form des Ausdrucks Um?
spannbaren ist schon Erlösung von der Last seines Gesichts, von der Über?
last der ihm befohlenen Schöpfung.
Denn ein Geschenk und zugleich ein Befehl ist »primitivem« Verhalten des
Geistes die Kunst. Sehr häufig bleibt »Talent«, selbst ganz beträchtliches
Talent, zeit seines Lebens ohne jenen inneren Auftrag, bei dessen Verneh?
mung die Auserwählung erst beginnt. Und die fortgeschrittensten Zeiten
sind durch kein anderes Merkmal charakteristischer gezeichnet, als durch
die Fülle von leeren Begabungen, die, bloße Hohlformendes empfangenden
Gefäßes, vergeblich auf das Geschenk der Erfüllung warten: Weil das Genie,
weil die ursprünglich?kindliche Haltung fehlt.
Aber der Zauber der primitiven Schöpfung, wie sie entsteht, wenn völkische
Frühzeit umher ist, verlangt »Genie« von einer ganz anderen Art, als der
Zauber in Werken kulturreifen Könnertums. Denn: in allen Kulturen ist:
Zeit; ist ein Nach? und Übereinander vielfältiger Stufen des Wissens, Be?
herrschens und Sagens, und, was das Entscheidende ist, ein unauslöschliches
Bewußtsein von alledem, ein Wissen der Zeit und alles dessen, was
in ihr werden kann und ist. Zeitlos kann das Werk des Bewußten nur
durch eine ungeheure Anstrengung werden, nämlich allein durch die Macht
des Genies, seinen Ur?Sprung zu tun in die Schau. So erst, überzeitlich Aug
in Auge mit den Mächten, die das Geheimnis der Geburt behüten, sind dem
zeitlich Bewußten Werke möglich, die das Zeitliche besiegen in sich selbst.
Demgegenüber ist die Kindlichkeit des Primitiven an sich ohne Zeit und
Zeitbewußtheit. Gefäß und Seher sein, ganz unvorstellbar hingegeben an
Befehl und Gesicht, durchaus noch keiner Artikulation fähig in vor? und
nachtechnische Überlieferung: das ist die Art genialen Schaffens in der
Frühzeit der Kultur. Kern ist: uns und besonders unserem überspitzen
Alles?Wissen und Verstehen?Können gänzlich unzugängliche Befangen?
heit. Wie falsch und lächerlich ist solchem Sachverhalt gegenüber beliebte
Sentimentalität, die von der Demut, von Bescheidenheit und von Entsagung
früher Meister mit Emphase faselt, die ganz verschwinden wollten hinter
ihrem Werk. Nein, vielmehr uns so unglaubhaft entfernt von aller Demut
und Entsagung waren sie, daß selbst die Eitelkeit des Wissens ihnen fremd
war, es sei Name und Person, gespiegelt im Bewußtsein Anderer und im
eigenen von irgend welchem Sinne und Belang.
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Mitteilungszwanges unendliche Vielfalt des Einzelnen, des Beiwerks und
der Schmückung. Nie kann im Angesichte seines nie zuvor erlittenen Auf?
träges im Schaffenden die Lust erwachen, das Maß seines Stoffes zu dehnen,
die Wucht des auf einmal Geschauten zu schwächen mit eigener Zutat.
Einfältig?kyklopisches Sagen des kaum von der Form des Ausdrucks Um?
spannbaren ist schon Erlösung von der Last seines Gesichts, von der Über?
last der ihm befohlenen Schöpfung.
Denn ein Geschenk und zugleich ein Befehl ist »primitivem« Verhalten des
Geistes die Kunst. Sehr häufig bleibt »Talent«, selbst ganz beträchtliches
Talent, zeit seines Lebens ohne jenen inneren Auftrag, bei dessen Verneh?
mung die Auserwählung erst beginnt. Und die fortgeschrittensten Zeiten
sind durch kein anderes Merkmal charakteristischer gezeichnet, als durch
die Fülle von leeren Begabungen, die, bloße Hohlformendes empfangenden
Gefäßes, vergeblich auf das Geschenk der Erfüllung warten: Weil das Genie,
weil die ursprünglich?kindliche Haltung fehlt.
Aber der Zauber der primitiven Schöpfung, wie sie entsteht, wenn völkische
Frühzeit umher ist, verlangt »Genie« von einer ganz anderen Art, als der
Zauber in Werken kulturreifen Könnertums. Denn: in allen Kulturen ist:
Zeit; ist ein Nach? und Übereinander vielfältiger Stufen des Wissens, Be?
herrschens und Sagens, und, was das Entscheidende ist, ein unauslöschliches
Bewußtsein von alledem, ein Wissen der Zeit und alles dessen, was
in ihr werden kann und ist. Zeitlos kann das Werk des Bewußten nur
durch eine ungeheure Anstrengung werden, nämlich allein durch die Macht
des Genies, seinen Ur?Sprung zu tun in die Schau. So erst, überzeitlich Aug
in Auge mit den Mächten, die das Geheimnis der Geburt behüten, sind dem
zeitlich Bewußten Werke möglich, die das Zeitliche besiegen in sich selbst.
Demgegenüber ist die Kindlichkeit des Primitiven an sich ohne Zeit und
Zeitbewußtheit. Gefäß und Seher sein, ganz unvorstellbar hingegeben an
Befehl und Gesicht, durchaus noch keiner Artikulation fähig in vor? und
nachtechnische Überlieferung: das ist die Art genialen Schaffens in der
Frühzeit der Kultur. Kern ist: uns und besonders unserem überspitzen
Alles?Wissen und Verstehen?Können gänzlich unzugängliche Befangen?
heit. Wie falsch und lächerlich ist solchem Sachverhalt gegenüber beliebte
Sentimentalität, die von der Demut, von Bescheidenheit und von Entsagung
früher Meister mit Emphase faselt, die ganz verschwinden wollten hinter
ihrem Werk. Nein, vielmehr uns so unglaubhaft entfernt von aller Demut
und Entsagung waren sie, daß selbst die Eitelkeit des Wissens ihnen fremd
war, es sei Name und Person, gespiegelt im Bewußtsein Anderer und im
eigenen von irgend welchem Sinne und Belang.
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