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Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 3.1921/​1922

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Samba Gana
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https://doi.org/10.11588/diglit.44743#0057

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SAMBA GANA
Annallja Tu* Bari war die Tochter eines Fürsten bei Wagana. Sie galt als überaus klug
und schön. Viele Horro kamen in ihre Stadt und warben um sie. Aber Annallja forderte
von jedem eine Leistung, die keiner zu beginnen wagte. Annalljas Vater hatte nur diese eine
Stadt gehabt, aber viele Farmorte. Eines Tages war er mit dem Fürsten (der Erzähler ver*
wendet hier das interessante Wort Amil) einer Nachbarstadt um den Besitz eines Farm*
dorfes in Streit geraten. Annalljas Vater war im Kampf unterlegen, er hatte den Ort ein*
gebüßt; das ertrug sein Stolz nicht; er starb darüber. Annallja erbte die Stadt und das Land;
sie forderte aber nun von jedem Horro, der ihre Hand begehrte, daß er nicht nur das ver*
lorene Farmdorf zurückerobere, sondern dazu noch achtzig Städte und Orte rund um ihr
Gebiet. Jahre vergingen. Niemand wagte den Beginn so umfangreicher kriegerischer Unter*
nehmung. Jahre vergingen. Annallja blieb unverheiratet, wurde aber von Jahr zu Jahr schöner.
Sie verlor jedoch allen Frohsinn. Sie wurde ständig schöner und trauriger. Und nach dem
Beispiel der Fürstin verloren alle Horro (Ritter), Djalli (Barden), Numu (Schmiede) und
Ulussu (Hörige) in Annalljas Land das Lachen.
In Faraka wohnte ein Fürst Gana, der hatte einen Sohn namens Samba Gana. Als der heran*
gewachsen war, verließ er nach Sitte des Landes mit zwei Djalli und zwei Supha (dienender
Knappe) die Stadt des Vaters, um sich ein eigenes Land zu erkämpfen. Samba Gana war
jung. Sein Lehrer war der Djalli Tararafe, der ihn begleitete. Samba Gana war fröhlich.
Samba Gana zog lachend von dannen. Samba Gana erklärte dem Fürsten einer Stadt den
Krieg. (Forderte ihn zum Zweikampf heraus.) Sie fochten. Alle Leute der Stadt sahen zu.
Samba Gana siegte. Der unterlegene Fürst bat um sein Leben und bot ihm seine Stadt an.
Samba Gana lachte und sagte: »Behalte deine Stadt. Deine Stadt ist mir nichts.« Samba
Gana zog weiter. Er bekämpfte einen Fürsten nach dem andern. Er gab stets alles Gewonnene
zurück. Er sagte stets: »Behalte deine Stadt. Deine Stadt ist mir nichts.« Zuletzt hatte Samba
Gana alle Fürsten in Faraka überwunden und besaß doch selbst keine Stadt und kein Land,
da er immer alles zurückgab und stets lachend weiterzog.
Eines Tages lag er mit seinem Djalli am Niger. Der Djalli Tararafe sang von Annallja Tu*
Bari; er sang von Annallja Tu*Baris Schönheit und Schwermut und Einsamkeit. Tararafe
sang: »Nur der wird Annallja gewinnen und sie lachen machen, der achtzig Städte erobern
wird«. Samba Gana hörte alles. Samba Gana sprang auf und rief: »Auf, ihr Supha! Sattelt
die Pferde! Wir reiten in Annallja Tu*Baris Land!« Samba Gana brach mit seinen Djalli
und Supha auf. Sie ritten Tag und Nacht. Sie ritten einen Tag nach dem andern. Sie kamen
in Annallja Tu*Baris Stadt. Samba Gana sah Annallja Tu*Bari. Er sah, daß sie schön war
und nicht lachte. Samba Gana sagte: »Annallja Tu*Bari, zeige mir die achtzig Städte.« Samba
Gana brach auf. Er sagte zu Tararafe: »Bleibe du bei Annallja Tu*Bari, singe ihr, vertreibe
ihr die Zeit, mache sie lachen!« Tararafe blieb in Annallja Tu*Baris Stadt. Er sang jeden Tag
von den Helden Farakas, von den Städten Farakas, von der Schlange des Issa Beer, die eigen*
mächtig die Flut steigen läßt, so daß die Leute in einem Jahr Überfluß an Reis haben, in
anderen Jahren aber hungern. Annallja Tu*Bari hörte alles. Samba zog in der Runde umher.
Er kämpfte mit einem Fürsten nach dem andern. Er unterwarf alle achtzig Fürsten. Er sagte
zu jedem besiegten Fürsten: »Gehe zu AnnalljaTu*Bari und sage ihr, daß deine Stadt ihr
gehört.« Alle achtzig Fürsten und viele Horro kamen zu Annallja Tu*Bari und blieben in
ihrer Stadt. Annallja Tu*Baris Stadt wuchs und wuchs. Annallja Tu*Bari beherrschte alle
Fürsten und Horro des weiten Landes um ihre Stadt.
Samba Gana kehrte zu Annallja Tu*Bari zurück. Er sagte: »Annallja Tu*Bari, nun ist alles,
Was du besitzen wolltest, dein!« AnnaIljaTu*Bari sagte: »Du hast die Arbeit verrichtet. Nun
nimm mich.« Samba Gana sagte: »Weshalb lachst du nicht? Ich heirate dich erst, wenn du
wieder lachst.« Annallja Tu*Bari sagte: »Früher konnte ich vor Schmerz über die Schande
meines Vaters nicht lachen. Jetzt kann ich nicht lachen, weil ich hungrig bin.« Samba Gana

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