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Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 3.1921/​1922

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Benz, Richard: Das Testament der Romantik
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https://doi.org/10.11588/diglit.44743#0223

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Sprachschöpfer war dieser selbe Nietzsche Fortsetzer und Vollender bester
romantischer Traditionen: das Pathos seiner späten Prosa hat nur Vergleiche
bares in der gotischen Prosa Luthers, die er im Zarathustra sogar archai#
sierend nachgeahmt hatte.
Was Nietzsche aber schließlich im Willen zur Macht predigte, war nicht


DIE FAMILIE HENOUMONT (1835) WILHELM KRAFFT
mehr der griechische Kulturbegriff, der bisher alles klassische Streben be#
zeichnet hatte, sondern der römische Zivilisationsbegriff. Damit entfesselte
er Gegenbewegungen: der Naturalismus lehrte die andere Seite des
zivilisatorischen Hochstrebens betrachten, die soziale; er negierte zugleich
die gesamte deutsche Renaissancebildung: sein Widerwille gegen jeden Stil
war nur Ausbruch des Ekels an der glatten Form fremdaufgedrungener Stile.
Die andere Reaktion gegen Utilitarismus und Zivilisation übernahm aller#
dings gleichzeitig die antiromantische Tendenz Nietzsches, auch wenn sie
sich in manchen Vertretern als »Neuromantik« gab: kleinen, meist exklusiven
Kreisen ward Kunst wieder Symbol, Geist, Religion — aber sie konnten für

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