Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 3.1921/​1922

DOI Artikel:
Behne, Adolf: Neue Kräfte in unserer Architektur
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.44743#0287

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
schließlich zur Erörterung der Einküchenwirtschaft, deren Problemen Ro«
bert Adolph seine Aufmerksamkeit zuwendete.
Und die Ergebnisse letzter hygienischer Forschung müssen auch erfüllt wer?
den in der Gestaltung der Wohnraum?Zelle. Aber ich meine, wir müssen
noch über die formalen Dinge, die materiellen Mindestforderungen hinaus?
gehen. Der Wohnraum wird mit unentrinnbarer Gewalt zum Schicksal seiner
Bewohner. Seine Lichtlosigkeit, seine Undurchlüftbarkeit, seine Winkligkeit,


MODELL EINER HOLZKIRCHE / HANS SÖDERsWETZLAR'in|Gemeinschaft mit EWALD DOLBERG

machen den Menschen krank und unzufrieden . . . aber bedenken wir auch
die geistige Abhängigkeit des Menschen von seinem Wohnraum. Die un?
geheure Verantwortung der Architekten ist nirgends gewaltiger und deut?
licher als hier, wo sie noch kaum geahnt wird. Wirklich bestimmte der
Spekulant und Grundstücksschieber mit seinem Ausbeutungsmiethaus das
geistige Schicksal der auf diese Mietskasernen angewiesenen Menschen.
Nicht zuletzt er war es, der die Massen dumpf, unentwickelt und verbissen
machte. Denn jedes Gehirn wird auf die Dauer Abbild seiner Wohnung,
wenn es nicht die Wohnung zu seinem Abbild machen kann. Die Wirkung
müßte wechselseitig sein, aber nur dort kann das Gehirn von sich aus den
Wohnraum bestimmen, wo dieser Wohnraum nachzugeben vermag. Alle
geistige Entwicklung ist Differenzierung und Artikulation. Unterbinden
der Artikulationsfähigkeit eines Gehirnes führt zur geistigen Verödung.
Erste Erprobung dieser Artikulationskraft geschieht naturgemäß an der
nächsten und engsten Umgebung des Menschen: dem Wohnraum. Unmög?

273
 
Annotationen