sich nicht als Brüder. Längst ist das Blutband zwischen ihnen gerissen. Sie
sind voll Mißtrauen, voll Neid, voll Habgier. In »Wegwärts« klagt der
Menschen suchende Mensch, in der Komödie »Stroh« der Satiriker und
Humorist, im Roman »Anfang« der Schilderer eigenen Lebens, im »Jungen
Menschen«, dem »Einsamen« und im »König« der schicksalkundige
Dichter immer die gleiche Klage um die Fremdheit der Menschen unter*
einander, um die Einsamkeit der Seelen, um die Verlorenheit der Herzen.
Die Welt, die dem vom Geist der Pfingsten Beseelten als ein Traum erschien,
mit leisem Wort in schöngestaltige Wirklichkeit zu erlösen, ist starre Gewalt
ABENDMAHL
EWALD DÜLBERG
und rücksichtsloser Wille, der mit der Waffe der Berechnung und der
Mitleidlosigkeit nach dem prächtigen Herzen des jungen Menschen stößt.
Die Spannung zwischen der offenbarten Idee und der verworrenen, ver*
wilderten Erfahrung täglichen Ereignisses wird unerträglich. Es löst sie nur
der Tod oder die Tat als das Schaffen aus Treue gegen das eigne, seelen#
tragende Erlebnis, das Wirken aus dem jeden Kompromiß ausschließenden
Befehl des bewegenden Geistes, die Arbeit als Selbsterhaltung und als Dienst
zugleich. So wird das Werk das wahrhaftige Leben, das Beispiel und das
Gleichnis geistigen Seins. »Wer ist Herr des Lebens? Mensch und Werk nur
gilt,« das ist der weckende »Rolandsruf« an die Zukünftigen. Es ist des
Geistes höchster Kraftnachweis, daß er das Leben grüßt, weil es herb schmeckt
und weh tut. Das ist die Dornenkrone der wenigen, die sich kreuzigen lassen
um der Brüder willen und die Hand segnen, die sie marterte. So statten sie
ihren Peinigern ihren Dank ab. Denn erst der Widerstand, den der pfingst*
liehe Mensch auf seinem Weg zu seinem Werk, das zugleich die Form seines
Wesens ist, findet, macht ihn der Kräfte seines Geistes bewußt — der Kräfte,
das heißt des Spannungsgrades, des immer wieder ihn bestürzenden Span*
nungsgrades seiner innern Bewegung. Nicht aber wird er das Schicksal des
tragischen Menschen, des Problematikers, zu leiden haben, am Geist seiner
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sind voll Mißtrauen, voll Neid, voll Habgier. In »Wegwärts« klagt der
Menschen suchende Mensch, in der Komödie »Stroh« der Satiriker und
Humorist, im Roman »Anfang« der Schilderer eigenen Lebens, im »Jungen
Menschen«, dem »Einsamen« und im »König« der schicksalkundige
Dichter immer die gleiche Klage um die Fremdheit der Menschen unter*
einander, um die Einsamkeit der Seelen, um die Verlorenheit der Herzen.
Die Welt, die dem vom Geist der Pfingsten Beseelten als ein Traum erschien,
mit leisem Wort in schöngestaltige Wirklichkeit zu erlösen, ist starre Gewalt
ABENDMAHL
EWALD DÜLBERG
und rücksichtsloser Wille, der mit der Waffe der Berechnung und der
Mitleidlosigkeit nach dem prächtigen Herzen des jungen Menschen stößt.
Die Spannung zwischen der offenbarten Idee und der verworrenen, ver*
wilderten Erfahrung täglichen Ereignisses wird unerträglich. Es löst sie nur
der Tod oder die Tat als das Schaffen aus Treue gegen das eigne, seelen#
tragende Erlebnis, das Wirken aus dem jeden Kompromiß ausschließenden
Befehl des bewegenden Geistes, die Arbeit als Selbsterhaltung und als Dienst
zugleich. So wird das Werk das wahrhaftige Leben, das Beispiel und das
Gleichnis geistigen Seins. »Wer ist Herr des Lebens? Mensch und Werk nur
gilt,« das ist der weckende »Rolandsruf« an die Zukünftigen. Es ist des
Geistes höchster Kraftnachweis, daß er das Leben grüßt, weil es herb schmeckt
und weh tut. Das ist die Dornenkrone der wenigen, die sich kreuzigen lassen
um der Brüder willen und die Hand segnen, die sie marterte. So statten sie
ihren Peinigern ihren Dank ab. Denn erst der Widerstand, den der pfingst*
liehe Mensch auf seinem Weg zu seinem Werk, das zugleich die Form seines
Wesens ist, findet, macht ihn der Kräfte seines Geistes bewußt — der Kräfte,
das heißt des Spannungsgrades, des immer wieder ihn bestürzenden Span*
nungsgrades seiner innern Bewegung. Nicht aber wird er das Schicksal des
tragischen Menschen, des Problematikers, zu leiden haben, am Geist seiner
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