Käuzchens nach, um ihn zu erschrecken. Er blieb stehen. Nur ein leises häß*
liches Kichern kam zu mir herauf. Und ich tat, was ich nie zuvor getan habe.
Ich war ungehorsam den Befehlen meines Herrn. Ich schrie zweimal, wie der
Eichelhäher schreit, und lief an das Tor. Der Briefträger war weitergegangen.
Er ging hastig die Stufen hinauf, ich hörte ihn keuchen.
Da lief ich fort, ohne meinen Herrn abzuwarten, fort in den Wald .. .«
BACHMOTETTE: FÜRCHTE DICH NICHT / RADIERUNG KARL ANTON REICHEL
Es dämmerte, als Melas aus dem Hause seiner früheren Geliebten kam. Er
reckte sich, und ohne nach Rapunzel auszublicken, ging er freien feiernden
Schrittes in die Stadt hinunter, ein Kinderliedchen summend. Doch als er
in die Hauptstraße einbog und Menschen begegnete, Menschen, die sich
dünkten gut zu sein, da empfand er schmerzhaft seine unendliche Einsam*
keit. »Ich bin es leid,« sagte er zu sich, »allein umherzugehen und der Spiegel
ihrer Seelen zu sein. Mich verlangt nach einem Gefährten, nach einem eben*
bürtigen Genossen meiner einsamen Bosheit.«
Es folgt die Beschreibung des Abenteuers vor der Wachsdame. Melas trifft vor dem Schau«
fenster eines Friseurs den als harmlosen Bürgersmann verkleideten Briefträger und beobachtet,
wie er durch sein boshaftes Benehmen ein junges Mädchen, die Verkäuferin, ohnmächtig
werden läßt.
In der Kneipe »Zum heiligen Antonius« erkennt Melas in dem geheimnisvollen Briefträger
seinen alten Schulkameraden Klaus, der sich schon dazumal, vor zwanzig Jahren, durch seine
unverhohlene Schadenfreude auszeichnete.
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liches Kichern kam zu mir herauf. Und ich tat, was ich nie zuvor getan habe.
Ich war ungehorsam den Befehlen meines Herrn. Ich schrie zweimal, wie der
Eichelhäher schreit, und lief an das Tor. Der Briefträger war weitergegangen.
Er ging hastig die Stufen hinauf, ich hörte ihn keuchen.
Da lief ich fort, ohne meinen Herrn abzuwarten, fort in den Wald .. .«
BACHMOTETTE: FÜRCHTE DICH NICHT / RADIERUNG KARL ANTON REICHEL
Es dämmerte, als Melas aus dem Hause seiner früheren Geliebten kam. Er
reckte sich, und ohne nach Rapunzel auszublicken, ging er freien feiernden
Schrittes in die Stadt hinunter, ein Kinderliedchen summend. Doch als er
in die Hauptstraße einbog und Menschen begegnete, Menschen, die sich
dünkten gut zu sein, da empfand er schmerzhaft seine unendliche Einsam*
keit. »Ich bin es leid,« sagte er zu sich, »allein umherzugehen und der Spiegel
ihrer Seelen zu sein. Mich verlangt nach einem Gefährten, nach einem eben*
bürtigen Genossen meiner einsamen Bosheit.«
Es folgt die Beschreibung des Abenteuers vor der Wachsdame. Melas trifft vor dem Schau«
fenster eines Friseurs den als harmlosen Bürgersmann verkleideten Briefträger und beobachtet,
wie er durch sein boshaftes Benehmen ein junges Mädchen, die Verkäuferin, ohnmächtig
werden läßt.
In der Kneipe »Zum heiligen Antonius« erkennt Melas in dem geheimnisvollen Briefträger
seinen alten Schulkameraden Klaus, der sich schon dazumal, vor zwanzig Jahren, durch seine
unverhohlene Schadenfreude auszeichnete.
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