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Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 3.1921/​1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.44743#0363

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MITTEILUNGEN DES BUNDES DERKÜNSTE IM
RHEINISCH * WESTFÄLISCHEN INDUSTRIEGEBIET

I. JAHRGANG NR. 5/6 FEBRUAR/MÄRZ 1922
SCHRIFTLEITUNG: DR. RICHART REICHE, BARMEN RUHMESHALLE, FERNSPRECHER NR. 1185

AUSSTELLUNGSWESEN UND BUND DER KÜNSTE
Für die Erweckung und Unterhaltung der öffentlichen Anteilnahme an dem Werden und
Wandel der bildenden Künste sind neben den Museen wichtigste Ausstrahlungsstätten
die ständigen Ausstellungsunternehmen, die es den lebenden Künstlern ermöglichen, von
Zeit zu Zeit ihre Werke der Öffentlichkeit zu zeigen. Während die von den Künstlern und
ihren wirtschaftlichen Verbänden selber organisierten in Jahres* oder noch längeren Abständen
einander folgenden periodischen Ausstellungen den Bewohnern der bekannten Kunststädte,
darüber hinaus aber nur einem beschränkten und unter dem Druck der wirtschaftlichen Ver*
hältnisse heute immer kleiner werdenden Kreis von auswärtigen Kunstfreunden für wenige
Monate einen mehr oder minder zuverlässigen Querschnitt durch die künstlerische Bewegung
vorführen, haben in fast allen deutschen Groß* und Mittelstädten Vereinigungen von Kunst*
freunden ständige Ausstellungs*Institute eingerichtet, die in dauernd einander folgenden,
meistens monatlich wechselnden Ausstellungen gerade für die Städte ohne Akademie den
ständigen Zusammenhang der Öffentlichkeit mit dem Schaffen der Künstler in örtlicher Tra*
dition sichern und pflegen. Die hohe kulturelle Aufgabe dieser ununterbrochenen lokalen
Vermittlung zwischen Künstler und Kunstfreund, vom Werk zu seiner Auswirkung erkannt,
übernommen und bis heute durchgeführt zu haben, ist das Verdienst der deutschen Kunst*
vereine, die in nunmehr fast hundertjähriger aufopfernder Arbeit ihre Ausstellungen zu einer
besonderen Tradition des deutschen Kunstlebens erhoben haben.
Inzwischen hat sich auch der früher hauptsächlich auf Werke der Vergangenheit beschränkte
Kunsthandel in steigendem Maße auf die händlerische Vermittlung für lebende Künstler ge*
worfen und bedient sich heute als eines Hauptanziehungsmittels sehr oft ebenfalls der für
die Öffentlichkeit zugänglichen permanenten Ausstellung. So sehr diese Betätigung des Kunst*
handels im Sinne einer möglichst umfassenden Ausbreitung künstlerischer Interessen zu be*
grüßen ist, so wenig kann das öffentliche Leben ein Gegengewicht gegen die naturgemäß in
erster Linie geschäftlich orientierte Ausstellungstätigkeit des Kunsthandels entbehren, wie es
die unabhängigen der freien Kunstpflege gewidmeten Ausstellungsinstitute darstellen. Es ist
ein Irrtum, zu glauben, daß die Kunstvereine ihre Aufgabe erfüllt und sich überlebt hätten und
nun zugunsten des in ungeahnter Ausbreitung zu großer Prosperität gelangten Kunsthandels
abdanken dürften. Die kommende Entwicklung scheint vielmehr nach entgegengesetzter Rich*
tung zu weisen. Da einerseits mit einer weiter steigenden Belastung des Kunsthandels, anderer*
seits mit einem erheblichen Nachlassen der Kaufkraft und *lust des in* und ausländischen Pu*
blikums zu rechnen ist, werden die Händler ihre Kommissionsausstellungen immer mehr ein*

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