Der christliche Prediger als Rationalist.
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an welche, wettn man sie fest glaube, eine gewisse Willkühr
der Gottheit das ewtge Seligwerden gebunden habe. Atäge-
löst aber wird jene v^rzweifiungsvolleResignation, sobald man
— nach der idee eines vollkommenen Gottes — deutlich ein^
sieht, dafs dieser etwas , das von unserm Willen nicht abhängt,
nicht zur Bedingung des ewigen Ideils gemacht haben könne,
weil dem Gott der Wahrhaftigkeit vielmehr nur das Glauben-
wollen oder die Willigkeit, das Glaubliche ztt glauben und
das trene Befolgen desselben genügend wohlgefalle.
Ist dann das über Religion nacbdenkende Gemüth hier-
durch vorerst beruhigt, so folgt überdiefs auch leicht die Ein-
sicht, warütn das Denken und Gewifswerden über das prak-
tische Verhältnifs des .Menschen zur Gottheit (oder die Reli-
gionslehre ) unter allem Denkbaren das Leichteste und Sicherste
sey. Denn nichts ist doch leichter und zuveriäfsiger, als dafs
ein jeder Geist, so weit er es vermag, von der Gottheit als
dem vollkommenen Wesen nichts denke und glaube, was er
bei sich selbst für eine Unvollkommenheit erkennen müfste.
Wodurch entseht und beglaubigt sich am Ende der ganze glaub-
liche Inhalt der Gottheitslehre , als dadurch , dafs wir dem
wahren Gott jede uns denkbare Vollkommenheit zuzuschreiben
haben; zugleich mit der Gewifsheit, dafs alles Vollkommene
sich in ihm unfehlbar auf eine so vollkommene Weise
verwirkliche, wie wir, die Unvollkommenen, sie nicht aus-
zudenken und passend genug zu beschreiben vermögen.
Indem der Verf. ungefähr eben dieses S. 10. aus der Ver-
nunft als höchster Denkkraft abzuleiten beginnt, möchten wir
nur bemerken, dafs wohl ein grofserTheil der Undeutlichkeit,
und also auch des Streits, über diese Gegenstände davon ah-
hängt, dafs man die Hauptworte ^Vernunft, Verstand und
Gefühl" wie Ausdrücke gebraucht, mit denen Jedermann die
nämlichen Begriffe verbinde. In der Wirklichkeit zeigt sich
das gerade Gegenthetl. Auch wird dem Uehel dadurch noch
nicht abgeholfen, wenn man nach den Worten des Verfassers
,3 d^ Vernunft theils als Quelle der Ideen, theils als
„Inhaberin der höchsten Denkgesetze beschreibt,
„nach denen sie (die Vernunft?) Begriffe und Urtheite zu
„Schlüssen verbinde." Das Letztere thut der Geist als Ver-
stand; und doch werden S. 34- dem Verstände (welcher immer
für alle Sophistick und Scholastick der Sündenhock werden soll)
„die Ideen von einer übersinnlichen Welt aisgesprochen,
weil sie allein der Vernunft eröfFnet seyen." Nützt denn in
diesen Dingen diese Unterscheidung? Ist es rächt immer Ein
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an welche, wettn man sie fest glaube, eine gewisse Willkühr
der Gottheit das ewtge Seligwerden gebunden habe. Atäge-
löst aber wird jene v^rzweifiungsvolleResignation, sobald man
— nach der idee eines vollkommenen Gottes — deutlich ein^
sieht, dafs dieser etwas , das von unserm Willen nicht abhängt,
nicht zur Bedingung des ewigen Ideils gemacht haben könne,
weil dem Gott der Wahrhaftigkeit vielmehr nur das Glauben-
wollen oder die Willigkeit, das Glaubliche ztt glauben und
das trene Befolgen desselben genügend wohlgefalle.
Ist dann das über Religion nacbdenkende Gemüth hier-
durch vorerst beruhigt, so folgt überdiefs auch leicht die Ein-
sicht, warütn das Denken und Gewifswerden über das prak-
tische Verhältnifs des .Menschen zur Gottheit (oder die Reli-
gionslehre ) unter allem Denkbaren das Leichteste und Sicherste
sey. Denn nichts ist doch leichter und zuveriäfsiger, als dafs
ein jeder Geist, so weit er es vermag, von der Gottheit als
dem vollkommenen Wesen nichts denke und glaube, was er
bei sich selbst für eine Unvollkommenheit erkennen müfste.
Wodurch entseht und beglaubigt sich am Ende der ganze glaub-
liche Inhalt der Gottheitslehre , als dadurch , dafs wir dem
wahren Gott jede uns denkbare Vollkommenheit zuzuschreiben
haben; zugleich mit der Gewifsheit, dafs alles Vollkommene
sich in ihm unfehlbar auf eine so vollkommene Weise
verwirkliche, wie wir, die Unvollkommenen, sie nicht aus-
zudenken und passend genug zu beschreiben vermögen.
Indem der Verf. ungefähr eben dieses S. 10. aus der Ver-
nunft als höchster Denkkraft abzuleiten beginnt, möchten wir
nur bemerken, dafs wohl ein grofserTheil der Undeutlichkeit,
und also auch des Streits, über diese Gegenstände davon ah-
hängt, dafs man die Hauptworte ^Vernunft, Verstand und
Gefühl" wie Ausdrücke gebraucht, mit denen Jedermann die
nämlichen Begriffe verbinde. In der Wirklichkeit zeigt sich
das gerade Gegenthetl. Auch wird dem Uehel dadurch noch
nicht abgeholfen, wenn man nach den Worten des Verfassers
,3 d^ Vernunft theils als Quelle der Ideen, theils als
„Inhaberin der höchsten Denkgesetze beschreibt,
„nach denen sie (die Vernunft?) Begriffe und Urtheite zu
„Schlüssen verbinde." Das Letztere thut der Geist als Ver-
stand; und doch werden S. 34- dem Verstände (welcher immer
für alle Sophistick und Scholastick der Sündenhock werden soll)
„die Ideen von einer übersinnlichen Welt aisgesprochen,
weil sie allein der Vernunft eröfFnet seyen." Nützt denn in
diesen Dingen diese Unterscheidung? Ist es rächt immer Ein