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N°. 64. HEIDELBERGER 1834.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

C. Valerii Catulli Veronensis Carmina annotatione perpetua il-
lustravit Frid. Guil. Döring. Altonae, sumtibus J. T. Hammerichii,
1834. X U. 255 S. in gr. 8.
Ein würdiger Veteran beschenkt die Freunde alter Literatur
mit dieser Ausgabe Catulfs, des ungezogenen Lieblings der Gra-
zien, dem man nichts weiter wünschen möchte als was Jean
Paul dem Verfasser der Reise in das mitägliche Frankreich
wünschte, nämlich dafs er mehr decrottirt wäre. Allein Catull
ist aus Einem Stück. Man kann ihm nichts nehmen, ohne das
Ganze dieser glänzenden Erscheinung zu zerstören. Seine leben-
dige Auffassungskraft, seine Phantasie, seine Naivetät, sein Witz,
Humor, Ausdruck beruhen eins auf dem andern, bedingen sich,
und geben nur vereint diesem Schriftsteller den Rang des genial-
sten Dichters, den Rom hervorbrachte.
Nehmen wir ihn denn, wie er ist, und danken Hrn. Döring,
dafs er noch in seinem 79. Jahr sich des Jugendlieblings erinnerte.
Mit dem regsten Eifer und mit rühmlicher Bescheidenheit unter-
zog er sich der Umarbeitung des frühem Commentar’s, der ihm
nicht mehr genügte, soviel Dankenswerthes er auch enthält, und
unterwarf diesen neuen vor dem Abdrucke der Durchsicht seines
gelehrten Freundes Jacobs, dessen Theilnahme an dem Musen-
werke sich mehrmals zeigt.
Unter solchen Umständen liefs sich Vorzügliches erwarten,
und wirklich ist diese, »C. A. Böttigero, animae suae dimidio,“
dedicirte, Ausgabe Catull’s die beste, die wir besitzen, und ein
gefälliger, meist auch sicherer, Wegweiser durch die öfters wild-
verwachsenen Zaubergärten Catull’s. Zwar hätten wir wohl vor
den Gedichten selbst eine allgemeine Darstellung der Römerwelt
jener Zeit mit ihrer Geschichte, ihren Sitten, ihren Tugenden
und Lastern, nach Wielandischer Art, gewünscht, auch ein geist-
reich skizzirtes Leben des Dichters, der, aus angesehenem Ge-
schlecht stammend, Anfangs die, seinem Stande angemessene,
Laufbahn betrat, aber, verstimmt durch den bithynischen Feldzug
unter dem Filz Memmius, plötzlich, wie vom Genius beim
Schopfe gefafst, in seine heimische Halbinsel zurückeilte, und,
obwohl nicht reich, doch zu Rom in den höchsten und niedrigsten
XXVII. Jahrg. 10. Heft. 64
 
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