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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 18.1907

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Schulze, Otto: Ein Nachwort zur Deutschen Kunstgewerbe-Ausstellung in Dresden
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https://doi.org/10.11588/diglit.7501#0028

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INN EN-DEKORATION

ENTWURF UND AUSFÜHRUNG HOF- Rauch-Salon im Schnelldampfer »Prinz Ludwig«, des Norddetttsclien

MÖBEL-FABRIK A. BEMBE—MAINZ. Lloyd. Täfehing in poliertem Kirschbaum-Holz mit Einlagen. Wände

und Plafo?id weijl, Leder grünblau. Architekt J. G. Poppe—Bremen.

fragen finden, die angeblich das Handwerk und die
Kunstindustrie durch Fach- und Kunstgewerbeschulen
und als Unternehmer auftretende Künstler bedrohen.
Darum dreht sich im großen und ganzen der Streit.
Wie häufig im Leben bei Streitenden liegt das Recht
auf beiden Seiten; und wo auch der achtungsvoll als
der Klügere Bezeichnete nachgibt, rettet er immer noch
den Brocken und läßt die Brühe dem andern.

Daß die sogenannte Kunstindustrie schon mancher-
lei Unheil angerichtet hat, und daß das eigentliche
Handwerk — mit oder ohne Verbrämung von Kunst-
gewerbe, angewandter Kunst, Werkkunst und ähnlichen
Rangstufen — sich auch heute noch in arger Notlage
befindet, dürfte jedem bekannt sein, der die letzten
zehn Jahre im Kampfe gestanden hat.

Wer in letzter Zeit mal wieder seinen Semper
zur Hand genommen hat, wie ich das in bewegten
Zeiten der Schul-, Handwerker- und Stilfragen des
öfteren tue, der wird finden, daß es sich in Wirklich-
keit bei den hier berührten wunden Bunkten um auf-
gebrochene alte Wunden handelt, die schon Gottfried
Semper für bösartig erkannte zu einer Zeit, die man
als Anfang vom Ende bezeichnen möchte. In der
Einleitung (Brolegomena) zu seinem klassischen Werke
»Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten,

oder praktische Aesthetik, ein Handbuch für Techniker,
Künstler und Kunstfreunde« (Frankfurt a. M. 1860)
sind die formulierten brennenden Schul-, Künstler-,
Handwerker- und Industriefragen im Sinne der letzten
Kongreßdebatten bereits angeschnitten worden.

Jeder Eingeweihte weiß, daß der aus Anlaß
des 100. Geburtstages Sempers 1903 unter Eührung
des Dekorationsmalers Hemming—Düsseldorf gebildete
»Semperbund« die von Semper aufgestellten Forderungen
zu seinen eigenen gemacht hat. Es steht mir nicht
zu, zu untersuchen, mit welchem Recht, denn viele
von denen, die es angeht, wissen, daß lokale Vorgänge,
persönliche Interessengefährdung, verletzte Standesehre
und dergleichen wunde Funkte Anlaß werden, eine
Fackel ins Bulverfaß zu werfen, und gleichsam zu sagen:
»Seht, ich bin der Held, der es gewagt hat, Eure
Sache zu der meinigen zu machen. Ich rette das Hand-
werk vor den Übergriffen der Schulen und Unbefugter.«

Der Apparat fing an zu arbeiten; Petitionen fliegen
hinaus, der Kampf ist da. Dir Behörden, die immer
helfen sollen und angeblich auch helfen können, müssen
sich, nach der Meinung sich so gebärdender Staats-
bürger, darum kümmern, damit sie sich überzeugen,
daß dringende Hilfe not täte. Und die Regierungen
haben wirklich viel getan im letzten Jahrzehnt. Es ist
 
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