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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 18.1907

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Jaumann, Anton: Vom künstlerischen Eigentums-Recht
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https://doi.org/10.11588/diglit.7501#0117

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INNEN-DEKORATION

103

Eigentumsrechte zu klären, sie zu einer entschiedenen
Stellungnahme zu veranlassen.

Eine frühere Zeit hätte vielleicht für die Frage, ob eine
Benußung fremder Ideen und Errungenschaften gestattet sei,
gar kein Verständnis gehabt. Von den Anfängen der Kunst
an spielte sich im Gegenteil aller Fortschritt in der Form
ab, dag die von einem Künstler gefundene Neuerung, sobald
sie als tauglich befunden, skrupellos von seinen Kollegen
und Nachfolgern übernommen wurde. Noch die legten
historischen Stile entstanden auf diese Weise: Die Formen
des Rokoko, des Empire wurden von ein, zwei Künstlern
zuerst gezeichnet, nach wenigen Jahren waren sie Gemein-
gut der Architekten und Kunsthandwerker von fast ganz
Mitteleuropa. Niemand dachte daran, den Erfindern der
Stile und Formen ein Eigentumsrecht daran vorzubehalten.
Erst der moderne Stil fiel in die Ära des ausgedehnteren
Rechts auf geistigem Gebiet, hat sogar im Kunstgewerbe
eine Fortbildung dieses Rechtes selbst veranlaßt.

Nun ergab sich ein merkwürdiges Dilemma: Gewisse
Künstler wurden allgemein als Führer in dieser neuen Be-
wegung anerkannt und ihre Arbeiten als mehr oder minder
vorbildlich erachtet. Aber zugleich war ihnen das Eigen-
tumsrecht an ihren neuen Formen gewahrt, so daß dadurch
ihre Führerschaft bis zu einem gewissen Grade wieder
illusorisch wurde oder - geworden wäre, wenn sich nicht
ein allerdings bedenklicher Ausweg gefunden hätte. Man
mischte ihre Formen bis zur Unkenntlichkeit durcheinander
und schuf so das, was auf dem Markte als moderner Stil
angesprochen wird. Bis vor kurzer Zeit war er noch sehr

unruhig und führte viel pflanzliche Motive mit, damals hatte
er den besondern Namen „Jugendstil", jeßt hat er sich
etwas geseßt, ich möchte ihn, auch noch aus andern Grün-
den „Firmenstil" nennen. Allzustarke, verbotene Anlehnungen
an eins der Vorbilder werden auf diese Weise ja meist ver-
mieden, allein — haben die großen Künstler vom Schuß
ihres Eigentumsrechtes wirklich so erhebliche Vorteile ge-
habt, hatte vor allem die Allgemeinheit von der neuen In-
stitution einen besonderen Nußen?

Die Annahme, durch den Schuß der künstlerischen
Eigentumsrechte würde die Geschäftswelt gezwungen, ihre
Entwürfe direkt bei den ersten Künstlern zu bestellen, hat
sich bislang als falsch erwiesen. Eine ganze Anzahl unserer
besten Künstler ist heute nur schwach mit Aufträgen ver-
sehen — troß Dresden —, die Kunstindustrie aber macht
ausgezeichnete Geschäfte. Ehedem schufen die Architekten
und Zeichner für den Souverän und die Kirche, die sie be-
zahlten, und ihre Erfindungen gehörten dem Volke, heute
schüßt der Staat die Neuerungen des Künstlers, aber das
bewirkt nicht ihre direkte Verbreitung im Volk, hindert sie
vielleicht eher. Ein einmal ausgeführter Schrank von Patriz
Huber, Otto Eckmann ist durch das von dem aufgelösten
Reichstag noch angenommene neue Geseß ohne weitere
Förmlichkeit bis dreißig Jahre nach ihrem Tode gegen Nach-
ahmung geschüßt! Praktisch ist damit das Muster begraben,
wohl keine Möbelfabrik wird bei den jeßigen Besißern um
die Erlaubnis zur Vervielfältigung ersuchen, sie variiert das
Muster etwas, und damit ist sie für ihren Bedarf versorgt.

Das ist die schlimmste Folge des Kunst-
 
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