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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 18.1907

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Lasser, Moritz Otto von: Bausteine zu einem wirklichen Heim
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https://doi.org/10.11588/diglit.7501#0267

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INNEN-DEKORATION

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verbreiten. Denn was die Farbe für unser Auge in
der Wohnung sein könnte — das wird meist noch total
verkannt! Mit 2 Farben mindestens würde ich stets
operieren. Ich meine dies so: zur grauen Wand eines
Zimmers würde ich grüngraue Farbwerte durch die Möbel
gesellen; ein schwarzer Flügel, oder ein schwarzer Schrank
und ein ebensolcher niederer Tisch müßten den Gesamt-
farbkläng vornehm machen . . . aber ruhig müßt' er
stets sein. Je nach dem dürfte man sogar noch weiter
gehen. Der Grundnote Grau ein sattes Braun und ein
wohliges Blaugrün zuführen, für welche B'arben das Holz
der Möbel und die Bezüge des Sofas, der Stühle auf-
zukommen hatten, um ihrerseits dem tiefen Rot einer großen
Vase etwa das alle Farben einigende Wort zu erteilen . . .

Doch ich möchte nun Raum auf Raum durchgehen.
Bei der Küche zwar brauchen wir uns nicht aufzuhalten;
deren komplette einwandfreie Einrichtung ist ja bereits
unschwer zu erlangen. Auch verleiht ihr die köstliche
Naivität der anordnenden Frauenhand oft so reizende
Züge, daß wir uns irgend welcher Ratschläge hier gerne
enthalten. Kinderzimmer: das sei einfach und freund-
lich, freundlich und einfach — weiter nichts. Man
kann es ebenfalls von einer großen Firma »fertig« auf-
kaufen. Aber beim Schlafgemach geht die Sache nicht
mehr so glatt; das will schon erwogen, mit Sorgfalt
behandelt sein. Es soll voll leisen, intimen Reizes sein.
Das Fenster durch verschwiegene mattgelbe oder drap-
farbene oder sandgraue Vorhänge verdunkelt; die Wände
von auserwählt ruhiger, zarter Farbe. Die zwei neben-
einander aufgestellten Betten, je ein Nachtkästchen rechts
und links, ein Waschtisch, ein großer Schrank für Kleider
und Wäsche — er müßte auch Spiegelschrank sein —
und endlich zwei Stühle, das genügt vollauf. Aber ich
würde für wunderhübsche farbig verhangene Beleuchtungs-
körper sorgen, auf den Schrank zwei J. von Heckel-
Bäumchen stellen, und wenn man glaubte, eines Bildes
absolut nicht entraten zu können, ein Gemälde von
stark dekorativer Note oder den herrlichen »Christus«
von Leo Samberger an passender Stelle von der Wand
herabgrüßen lassen. Teppiche? Nein. Aber Fell-Bett-
vorlagen. Denn der Teppich blieb unserem innersten
Wesen bis heute fremd; wir bringen ihm nur kon-
ventionelle Achtung entgegen. Vorhänge dagegen, be-
sonders helle, festliche, das sind uns liebe Freunde!

Ich komme nun zum Wohnzimmer, um später mit
dem Herrenzimmer zu schließen. Beide dürfen, ja sollen
aufwändiger behandelt werden, als die übrigen Räume
einer Wohnung, hier mögen sich also Laune, Geschmack,
Freude am Schönen frei, doch immer rhythmisch ge-
bärden. Je nachdem übrigens das Haus seine Gäste
im Wohnzimmer oder im Arbeitsgemach des Hausherrn
empfängt, soll das erstere oder letztere zudem noch
etwas festlichen Charakter zeigen . . . aber man ver-
stehe mich nicht falsch: ja keinen prunkenden. Das
Wohnzimmer mag sich aus bequemen Sitzgelegenheiten,
einem großen Tisch, Schränken, Blumentischchen und
liebenswerten Kleinigkeiten zusammensetzen. Es muß
zugleich wirklich ein »Heim« sein, eine Art intimen
Salons und, wenn ich so sagen darf, gewissermaßen
architektonisch das, was die Novelle literarisch: es soll
vom Gemüts-, vom Seelenleben der darin auftretenden
und handelnden Personen erzählen.

Das Arbeitszimmer des Hausherrn wird sich natür-
lich in seiner Durchführung sehr enge an dessen Lebens-

PROF. BRUNO PAUL—BERLIN. Beleuchtungs-Körper.

gewohnheiten binden, namentlich an seinen Beruf. Der
Architekt, der Schriftsteller, der Beamte — jeder wird
sichs anders formen. Und sehr danach stimmen, ob er
den ganzen Tag darinnen verweilt, oder nur, um Besuche
zu empfangen, heitere Geselligkeit zu pflegen . . . Da
hätten wir also denn doch eine Art Festraum vor uns.
Nun, nennt ihn meinetwegen so ! Ich verstehe darunter
nichts weiter als einen gut eingeteilten, ziemlich großen
Raum, ein Ensemble gediegener Möbel, in dem wohl
auch ein wertvolles altes Stück hervortreten darf, irgend-
wo eine prachtvolle Muschel, eine Vase mit frischen
Blumen, zwei, drei die Seele beschenkende Bilder . . .

Ja so . . . von Bildern und Plastik habe ich in
meinen Bausteinen zu einem wirklichen Heim noch gar
nicht geredet. Bilder, Gemälde etc., die müssen eben
entweder gerahmte Edelsteine, Schmuck sein, oder sie
sind besser gar nicht da. Plastik aber, wirkliche Plastik
in unseren deutschen Wohnräumen, das ist barer Unsinn.
Höchstens Kleinplastik mag ich dort und da antreffen. —
Jetzt hätte ich also das Heim, wie ich es breiten Kreisen
wünsche, zu Ende skizziert. Der Hauptsache nach
wäre es schon um beiläufig 3000 M. zu haben. —

MOR1Z OTTO BARON LASSER—MÜNCHEN.
 
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