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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 18.1907

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Schölermann, Wilhelm: Gedanken und Vorschläge zur Innen-Einrichtung moderner Kriegs- und Handels-Schiffe
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https://doi.org/10.11588/diglit.7501#0272

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258

INN EN-DEKORATION

ARCHITEKT EUGEN JAGLOWITZ— MÜNCHEN.

Entwurf zu einem Arbeits-Raum.

trische Glühbirnen, Maximgeschütze, Funken-
telegraphie oder die Mütze des Kaiserlichen
Yachtklubs. Diese Sessel, Tische, Schränke und
Schubfächer, ja das ganze Meßgeschirr des gedeckten
Mittagstisches, von Terinen, Tellern und Tassen, samt
Teppichen und Tapeten oder Wandbekleidung andrer
Art stand im Widerspruch mit dem Geist und Gedanken
der Gegenwart.

Keine Gefühls- oder Lebensverknüpfung besteht
zwischen dem Sinn, Zweck und der Zeit, dem das
Torpedoboot angehört, und der Einrichtung seines Innern.
Wo man essen, plaudern, beraten, rauchen und sich
an- und auskleiden soll, das heißt also einen ziemlich
beträchtlichen Teil des Tageslaufs sich aufhalten muß.
Auf Deck, auf der Kommandobrücke, da weht der
frische Hauch der Gegenwart mit ihren kinomato-
graphisch wechselnden Bildern. Drunten webt ein
wunderliches, spukhaftes Dämmerlicht, in dem Barock-
oder Rococoschnörkel, oder Renaissancegewinde ihre
Schlagschatten auf das weiße Tafeltuch des gedeckten
Tisches werfen. Am Bord eines modernen Stahlbootes
von 10 000 Pferdestärken und 25 Knoten pro Seemeile
Fahrtgeschwindigkeit von anno 1905. Nun wäre wohl
gegen die Benutzung echter alter Möbel (wofern diese
noch praktisch brauchbar) auch in einem modernen
Kriegsschiff ebensowenig einzuwenden, wie man es je-
manden übel nehmen kann, der in sein neues Haus

eine alte Truhe hineinstellt. Alt und neu verträgt
sich oft ganz gut mit einander. Aber schlechte Stil-
imitation nicht mit dem lebendigen Geist moderner
Technik. Kein Plüsch, nicht Polster und Decken
täuschen darüber hinweg. — Die Erklärung liegt nicht
weit. Mit dem rasenden Tempo der modernen Schiffs-
bau technik hat unsre Schiffswohnkunst nicht Schritt
halten können. Ihre Forderungen werden jetzt ein-
dringlich und bleiben nicht auf Kriegsschiffe beschränkt;
sie finden Anwendung auf die Ozeanschnelldampfer der
Hamburg-Amerika-, Südamerika- und Ostasien-Linien,
des Bremer Lloyd und anderer mehr. Solche moderne
Riesendampfer mit Rococosalons sind doch wunder-
liche Anachronismen. Mit ihrem allseitig anerkannten
Komfort und Verpflegungs-Luxus läßt sich eine vornehm-
moderne Innen-Ausstattung naturgemäß verbinden; sie
gehört dazu. (Um Himmels Willen aber keinen »Jugend-
stile !) — Hätte ich nur einen Auftraggeber! Mit tüch-
tigen Handwerkern wollte ich in Hamburg und Kiel
Schiff seinbauten schaffen, die schön und praktisch
zugleich wären. Und an andre, Gleichgesinnte denke
ich dabei, an Bruno Paul, Olbrich, Riemerschmidt,
van de Velde, Herman Obrist, Paffendorf, oder Adolf
Loos (in Wien). Denn unserer harren Aufgaben zu
praktischer Lösung, in Kiel, Stettin, Hamburg oder
Bremen übergenug!

Im Grunde bleibt die Einbaukunst, sei es im
 
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