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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 18.1907

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Lux, Joseph August: Die Erneuerung der Ornamentik,[1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7501#0305

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INNEN-DEKORATION

dischen • Kunst
dürfen die Kolo-
nien nicht außer
Acht gelassen wer-
den. Mit verschie-
dener Intensität
haben alle hollän-
dischen Künstler,
Jan Toorop, Thorn
Prikker, T. Colen-
brander,L.Cachet,
ü. W. Dysselhof,
Th. Molkenboer,
Th. Nieuwenhuis,
de Bazel und Lau-
weriks, Th. van
Hoytema, A. J. der
Kinderen, in ihren
ornamentalen Ar-
beiten, ihrem far-
bigen oder zeich-
nerischen Flächen-
schmuck das ab-
strakte Ornament
ausgebildet, das
in verwandter
Weise in den Ar-
beiten der bel-
gischen Künstler,
wie Lemmen und
van de Velde zu-
tage tritt. Es
genügt, auf die

Gleichzeitigkeit
der Kräfte hinzu-
weisen, die an der
Erneuerung des
Ornaments betei-
ligt waren und die
Synthese der Be-
wegung bildeten, die nach der kunstgewerblichen Seite hin
in dem Werk van de Veldes umfassend ausgeprägt ist. Es
soll bei der Gelegenheit nicht unerwähnt bleiben, dag in
Holland, in dem Kreis, der dem Architekten Berlage nahe-
steht und in dem Amsterdamer Kunstladen Binnenhuis ver-
treten ist, eine Vereinfachung des Ornamentes insofern an
den Tag tritt, als die Textilien, Keramiken, Metallkörper etc.
nur eine Abwandlung einfachster, geometrischer Formen
aufweisen und der Hauptreiz in der Anwendung klarer
einfacher Farben liegt. Hier waltet derselbe puritanische
Geist, der Berlages Architekturen auszeichnet, und unschwer
einen engeren Anschluß an die ethischen und sozialen
Forderungen der englischen Bewegung erkennen lassen.
So arbeitet Berlage auf nationaler Grundlage streng auf
das gothische Ideal der konstruktiven Gesetzmäßigkeit,
Zweckmäßigkeit und absoluten Schlichtheit hin. Gutes
Material, hie und da der farbige Schmuck von glasierten
Kacheln in der Backsteinfläche, hie und da eine sinngemäß
eingefügte Steinplastik von Mendes da Costa und Zyl,
stilistisch streng und architekturgemäß wie gothische Stein-
met5enkunst.

Die Erneuerung der Ornamentik ist die erste schöpferische
Leistung der modernen Kunst, die es überhaupt ermöglichte,
daß die Gewerbekünste von dem geistigen Leben der Neuzeit
durchflutet und künstlerisch gestärkt wurden. Die Urheber-

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. MAKCOl.n. — 5CHRKIBT1SCH MIT [NTARSIKN.

Schaft gebührfun-
zweifelhaftdenhol-
ländischenundbel-
gischen Künstlern
und vor allem
ihrem markan-
testen Exponenten
Henry van de Velde.
Sie haben die gei-
stige Schuld , in
der siebeiden eng-
lischen Erneuern
desKunstgewerbes
standen, mit die-
ser selbständigen
originellen Gegen-
gabe reichlich quit-
tiert. Sie sind
dadurch über die
moderne englische
Kunst bedeutend

hinausgewachsen
und haben dieWelt
um eine Entdeck-
ung bereichert, die
ganz neue geistige
Bezirke mit zau-
berhaften Vorstell-
ungen erschloß.
Die Erneuerung
des Ornamentes
war ebenso origi-
nell als notwendig
und fruchtbar,
keineswegs eine

vorübergehende
Mode, wie sich die
Händler sagten,
sondern durch das
moderne Empfin-
dungsleben organisch begründet. Die Ornamentik ist notwen-
dig, um das Bedürfnis nach logischen, sichtbaren Zusammen-
hängen zu befriedigen, sei es, daß sie die Gesetzmäßigkeit
gewisser konstruktiver Eigentümlichkeiten oder die Zweckdien-
lichkeit eines Gegenstandes suggeriert, sei es, daß sie die
Fläche als Raumglied durch ein rythmisches Spiel von Linien
und Farben betont und die Architekturverhältnisse oder die
Stimmung eines Raumes in der Flächenbehandlung fort-
schwingen läßt. Dem Ornament liegt eine geheime Gesetz-
mäßigkeit zugrunde, die nicht exakt festzustellen, die aber
in dem empfindungsmäßigen künstlerischen Anschauen klar
wird und die Möglichkeit gewährt, das gute Ornament von
dem schlechten, das empfundene, organisch notwendige,
instinktive Ornament von dem konstruierten, schematischen
scharf zu unterscheiden. Diese Gesetzmäßigkeit ist in der
menschlichen Natur begründet, die nicht nur in ihrem
Herzschlag, in ihrem spezifischen Sinnenleben, sondern
auch in ihrem geistigen, seelischen und mithin künstlerischen
Wesen nach Gleichmaß und Rythmus geordnet ist. Ordnung
und Einheit, Gleichmaß und Rythmus sind daher die
elementarsten Grundsätze der künstlerischen Möglichkeiten.
Van de Velde und die Künstler seines Ranges sind ganz
empirisch, rein instinktiv zu der Notwendigkeit des neuen
Ornamentes gelangt, aus dem Verlangen, die schwebenden
Beziehungen der zusammengehörigen Dinge eines Raumes

SCHREIBTISCH MIT INTARSIEN,
 
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