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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 18.1907

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Breuer, Robert: Technik als Form
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https://doi.org/10.11588/diglit.7501#0349

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INNEN-DEKORATION

335

ENTWURF UND AUSFUHRUNG:

HOF-MÖBELFABRIK J. GLUCKERT—DARMSTADT.

Teilansicht des Speise-Saals auf Seite 336.

TECHNIK ALS FORM.

Die Romantiker werfen uns vor: wir hätten die
Kunst durch die Technik abgelöst; wir hätten
die Technik zum Wesentlichen, zum Ausschlag-
gebenden in der Kunst gemacht. Sie sagen: eure
Malerei ist nichts als technische Virtuosität, will
auch nichts anderes sein; eure Plastik ist modern
allein durch die Aufdeckung des technischen Pro-
zesses; alles, was ihr im Gerätebau, in der Be-
arbeitung von Holz, Metall, Keramik oder Glas
zu zeigen habt, ist gut nur durch die technische
Solidität. Die Vernunft soll euch nicht bestritten
sein; aber darüber hinaus bleibt nichts zu loben.
Die Technik ist bei euch alles und die Kunst eine
Gefangene. — Die Anklage erscheint uns töricht;
dennoch wollen wir sie diskutieren. Das wird uns
nützen, das Verhältnis der technischen Mittel zur
Form und zum Ausdruck besser zu erkennen.

Von vornherein geben wir zu, daß einiger
Mißbrauch mit der technischen Forderung getrieben

worden ist. Das läßt sich gut verstehen und war
notwendig. Es war die gesunde Reaktion auf eine
Periode, die völlig verlernt hatte, aus dem Material
und dem Werkzeug heraus konstruktiv und raum-
bildend zu denken. Heute noch bleiben dem puri-
tanischen Radikalismus mannigfache Aufgaben zu
erfüllen. Da sind etwa die Architekten der Groß-
stadt; die meisten dieser Herren fertigen jene
seltsamen Bausachen, die sich Mietshäuser nennen.
Diesen Irrenden muß man es wieder und wieder
und laut sagen: Technik und Material, Zweck und
Vernunft. — Immerhin, aus dem Gröbsten haben
wir uns herausgearbeitet. Der notwendig gewesene
Reinigungsprozeß ist so weit gediehen, daß es
nunmehr möglich erscheint, positive, stilbildende
Arbeit zu leisten. Die Produktion kann ein neues
Leitwort bekommen; statt »technische Vernunft«
soll es heißen: »Wille zur Form« — zu einer Form,
die dem Wesen der Zeit Ausdruck gibt.
 
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