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Karo, Georg
Die Schachtgräber von Mykenai (Band 1): Text — München, 1930/​1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14445#0203

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3. Waffen

195

bien in höchster Vollendung auftreten, für Kreta wenigstens durch das ausge-
zeichnete Exemplar von Malia bezeugt sind1).

Grab II (Taf. LXXII) bietet das für eine verhältnismäßig bescheidene Aus-
rüstung erforderliche Mindestmaß an Waffen: ein langes, schmales Schwert,
einen kurzen Dolch, eine große Lanzenspitze; dazu fünf Messer, die man
nicht zu den Waffen rechnen darf. Von Wehrgehängen und Schutzwaffen wie
Helm und Schild fehlt jede Spur. Wenn sich solche überhaupt im Grabe befunden
haben, entbehrten sie jedes metallenen Schmuckes. Die Ausstattung dieses Toten
war, im Vergleich zu Grab IV und V, äußerst bescheiden; das Stirnband und der
kleine Becher aus dünnem Goldblech muten geradezu dürftig an. Auch die Reste
von Bronzegefäßen (Nr. 224/25) sind spärlich. Der Grund hierfür liegt nicht etwa
in einem höheren Alter des Grabes; denn das echt minoische Rhyton Nr. 221,
Taf. CLXX, gehört gerade zu den jüngeren Tongefäßen unserer Grüfte. Gegen-
über solcher Schlichtheit der übrigen Beigaben muß betont werden, daß die Waf-
fen und Messer gute, sorgsame Arbeit und sogar einen gewissen Luxus aufweisen:
elfenbeinerne Hefte, von denen allerdings nur geringe Reste erhalten sind, gold-
plattierte Heftnägel.

In Grab VI läßt sich leider der Besitz der beiden Toten nicht sicher scheiden.
Die Waffen (Taf. XCV—XGVI) umfassen hier fünf Schwerter, drei Dolche, von
denen zwei goldplattierte Nägel an Heft und Griff tragen, sowie vier Lanzen-
spitzen. Dazu kommen wieder einige Messer2). Die unbedingt nötige Ausstattung
des Kriegers ist also hier bereits verdoppelt. Und Grab IV und V vollends sind
förmliche Rüstkammern, in denen auf je drei männliche Leichen Dutzende von
Schwertern und Dolchen kommen, darunter zahlreiche Prunkstücke mit reichster
Verzierung. Daneben fehlt es auch nicht an Lanzenspitzen, die aber stets
unverziert und wenig zahlreich sind; und als neue Typen treten hinzu Schlacht-
messer (Taf.XCVII), Pfeilspitzen (Taf. Gl, nur in Grab IV) und Schutz-
waffen (Taf. LVIII. LXIX f.). Kein anderer Fundkomplex der Antike bietet in
solcher Fülle und Pracht ein Bild der Bewaffnung eines Fürstengeschlechtes.

a. Dolche

Der Dolch ist im ägäischen Kreise wie in den meisten anderen eine weit
ältere Waffe als das lange Schwert3). Er findet sich sowohl in Gräbern der Kykla-
den wie in frühminoischen Grüften auf Kreta4)- Während die ältesten Typen noch

*) Troja: Dörpfeld. Troja und Ilion I 374 f. Abb. 323 ff.; H. Schmidt, Schliemanns Sammlung 242 f. Nr. 6055 ff.;
Bessarabien (Borodino): Ebert, Südrußland 67 ff. Abb. 24; Reallexikon der Vorgeschichte II 121 Taf. 61. Steinhammer
als Werkzeug Evans I 468f. Abb. 336. Malia: Monuments Piot XXVIII 1925 Taf.2; F. Chapouthier et J. Charbon-
neaux, Mallia I 58 Taf. 32; Evans II 274 Abb. 164.

L') Athen. Mitt. XL 1915, 193 habe ich zwei Bruchstücke von Messern aus Grab II und VI (Nr. 218, 907) irrig
für Schlachtmesser (unten S. 209) erklärt. :l) Vgl. H. Bonnet, Waffen des alten Orients 43 ff. 71 f.

") Chr. Tsuntas, 'Eip. dpX. 1898, 189 ff. Taf. 12; R. Seager, Explor. in Mochlos 34 f. Abb. 12, 73 ff. Abb. 44;
St. Xanthoudides, Vaulted Tombs of Mesarä 25 ff. 46 f. 66, 73, 82, 106 f. Taf. 24, 29, 39, 43, 55; A. Mosso, Preistoria'
II 64 ff.; F. Halbherr, Mem. d. Ist. Lombardo 1905, 250 Taf. 10; Evans I 99 ff.
 
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