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Karo, Georg
Die Schachtgräber von Mykenai (Band 1): Text — München, 1930/​1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14445#0204

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196

III. Ergebnisse

die unverkennbare Einwirkung steinerner Vorbilder zeigen, bildet sich sehr bald
eine reine Metallform heraus, die schon geraume Zeit vor dem Ende der früh-
minoischen Periode, wohl um die Mitte des III. Jahrtausends oder etwas später
(Blüte des FM.II), gelegentlich mit scharfkantigen Mittelrippen versehen ist. Die
beiden schon erwähnten silbernen Dolche von Kumasa (S. 194 Anm. 1) sind die
besten bisher bekannten Beispiele dieser Entwicklungsstufe; die alte Blattform
mit seitlich gerundeten Schneiden hat einer geraden Linienführung Platz ge-
macht, die Klinge wurde nicht mehr einfach in den gespaltenen Griff aus Holz
oder Rohr hineingesteckt, sondern durch mehrere Stifte, deren Löcher erhalten
sind, an dem Heft des Griffes befestigt. Von Kreta ist dieser Typus des Dolches
nach den Kykladen gelangt, wie etwas längere, schlankere Beispiele, besonders

Abb. 89. Dolche von Hagia Triada.

von Amorgos, beweisen (Literatur bei Evans I 100). Diese führen schon ans Ende
des FM. Aus dem Beginn der folgenden Periode (MM. I, Wende des III. und II.
Jahrtausends) besitzen wir drei fest datierte Fundkomplexe. Ganz an den An-
fang gehören die Tonfiguren von Petsofä (BSA. IX Taf. 9 f.; Evans 1152 Abb. 111);
die Männer tragen am Schurz einen breiten, spitz zulaufenden Dolch mit ge-
schweiftem Griff und bisweilen ein paar großen Nagelköpfen am Heft. Bronze-
waffen sind in Petsofä nicht auf getaucht, wohl aber im gleichaltrigen Ovalhaus von
Chamaizi und in den Anbauten einer Tholos von Hagia Triada1). Aus Chamaizi
stammt eine Klinge mit ganz flachen Mittelrippen; zwei Stiftlöcher an deren An-
satz bezeichnen das Ende des einst sichtbaren Teiles, die auffallend breite Fort-
setzung der Klinge, mit einem großen Nagelloch nahe ihrem Abschluß, war offen-
bar von Heft und Griff des Dolches verdeckt2). Wir sehen hier die Urform des

1) Chamaizi: St. Xanthoudides, 'Ecp. dpx. 1906, 120 ff. Hagia Triada: Ders., VaultedTombs of Mesarä 25 ff.; Halb-
herr a. a. O.; am besten bei Evans I 194 f. Abb. 141, 142.

2) Evans 1194 schwankt zwischen den Bezeichnungen Dolch und Lanzenspitze, offenbar in Erinnerung an Klingen
von den Kykladen wie 'Ecp. dp/. 1898 Taf. 12. Ich möchte auch diese für Dolche halten.
 
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