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Karo, Georg
Die Schachtgräber von Mykenai (Band 1): Text — München, 1930/​1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14445#0217

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3. Waffen

209

Die dazugehörigen Bögen sind leider restlos verloren, ihre Gestalt lehren
Darstellungen wie 240, XXIV, 394, XCIV und S. 95 Abb. 27. Dieser einfache
Typus weicht von dem zusammengesetzten ab, den auf einem Siegelabdruck von
Hagia Triada ein Gott führt1). — Der goldene Deckel 264, XL könnte von
einem ledernen Köcher stammen; vgl. die jagende Göttin auf einer kretischen
Gemme in Berlin (Furtwängler Nr. 2; Ant. Gemmen I Taf. 2, 24), wo freilich die
Deutung auf einen Köcher sehr zweifelhaft ist.

Von Angriffswaffen sind noch die großen einschneidigen Schlacht-
messer zu erwähnen (Taf. XCVII). Man würde sie für Jagd- oder Küchen-
geräte halten, wenn nicht der Fliehende auf der Stele 1428, V ein solches Mes-
ser als Waffe führte. Es gibt sechs große, schwere, gegossene und geschmie-
dete Exemplare mit einer Öse zum Anhängen, neben der ein charakteristischer
kleiner Knick am Griff erscheint, und zwei kleinere, leichter gearbeitete, ohne
Öse, aber mit beiderseits röhrenförmig aufgebogenen Rändern zur Aufnahme
eines Schaftes2). Übrigens setzt auch der stabförmige Griff der ersten Gruppe
bogenförmig an die Klinge an, als wäre diese in einen geschlitzten Rohrschaft
eingepaßt. Dies ist offenbar der Ursprung der eigenartigen Gebilde: sie ver-
einigen Messerklingen wie 439, XCVIII und die zugehörigen Griffe wie 216,
LXXII zu einer gewichtigen bronzenen Waffe, der einzigen mykeni-
schen Hiebwaffe. Evans (Shaft Graves 37) nennt diese Schlachtmesser ver-
größerte Abwandlungen eines kleineren Typus gleicher Form, von dem Exem-
plare in kretischen Gräbern vorkommen. Mir sind nur jüngere Beispiele bekannt
(z.B. Maraghiannis, Ant. cret. I 28, aus Psychrö), die auch gewiß keine Waffen
waren. Es könnte sich also um eine Rückwirkung festländischer Typen auf Kreta
handeln; doch läßt sich dies vorläufig nicht entscheiden. Im mykenischen Bereich
scheint diesen plumpen, schweren Schlachtmessern kein langes Nachleben be-
schieden zu sein3). Auch in den Schachtgräbern spielen sie eine untergeordnete
Rolle neben den prunkvollen Schwertern und Dolchen.

Äxte und Doppelbeile kommen als Waffen in unseren Gräbern ebenso-
wenig vor wie auf minoisch-mykenischen Darstellungen. Auch die kretische
Labrys erscheint bloß als Schinuckmotiv, wenn auch wohl mit religiöser Bedeu-
tung4), nicht als heilige Waffe aus Bronzeblech, wie so oft auf Kreta (z.B. Evans
I 436 ff. Abb. 315 ff.; St. Xanthudides, Tkp. oqx- 1900, Taf. 4) und vereinzelt auch

*) Mon. Lincei XIII 41 Abb. 40; Evans II 754 Abb. 488; vgl. die eingehenden Erörterungen von W. Reichel,
Homerische Warfen 2 112 ff.

2) Mit Öse: 443 (L. noch 59. Br. 5). 441. 445 (L. 70,5. Br. 4,8). 446. 447 (L. 66. Br. 4,8), XCVII. 739 (L. noch 46.
Br. 3,1). — Ohne Öse: 429 (L. 30,5; Reste des hölzernen Schaftes). 450, XCVII (L. noch 36. Br. noch 3,8).

3) Sie finden sich noch im Kuppelgrabe von Vaphio, 'Erp. dp/. 1889, Taf. 8, 9 (4 Ex.), in einem Kuppelgrabe
und zwei Kammergräbern von Mykenai (Nat. Mus. Nr. 2818. 3083. 3129) und in Dendra-Mideia (ein kleines, unvoll-
ständiges Ex.).

*) Kleine Goldbleche 353/4. 364, XLIV. Henkelansätze des Silbernapfes 909a, CXXXV (vgl. Evans I 432).
Zur Unkenntlichkeit entstellt auf den kleinen Krateren 190 f., CLXVII. Vgl. unten S. 257. 332.
 
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