Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Karo, Georg
Die Schachtgräber von Mykenai (Band 1): Text — München, 1930/​1933

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14445#0220

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
212 III. Ergebnisse

Abbildungen ist unzweifelhaft ein einziges Rindsfell (oder mehrere, übereinander
gelegte) wiedergegeben, das durch gebogene Holzrahmen und Spreizen seine
eigentümlich 8förmige Gestalt erhält. Die starke Wölbung erkennt man am besten
auf den Profilansichten von 35, XXIV Abb. 87 und 394, Abb. 27, wo auch die
stark eingezogene Mittelpartie des Felles gut zum Ausdruck kommt, auf der
Schwertklinge 404, LXXXV, sowie an den Goldschildchen des Trichters 481 (am
klarsten S. 107 Abb. 35) und eines anderen, ganz zertrümmerten Silbergefäßes
(608 d). Die Gemme 116, XXIV und die Dolchklinge 394 geben Innenansichten,
größere und aufschlußreichere die Bruchstücke des großen Silbergefäßes 605,
CXXIX—CXXXI: hier sieht man besonders klar die äußere Umrahmung und die
aus schräg gestellten, geraden Stäben bestehenden Innenspreizen (Taf. CXXXI w
zeigt die untere Kante eines Turmschildes). Dagegen fehlt auf diesen Schilden der
Schachtgräber durchweg die starke senkrechte Außenspreize des Siegelabdrucks
von Zakro und des wenig jüngeren von Knossos bei Evans I 694 Abb. 516 (vgl. III
313 ff.); sie kehrt auf dem großen Goldring von Mykenai wieder (Evans, JHS.
XXI 1901, 108 Abb. 4), ferner auf den Fresken in dekorativer Stilisierung und
bisweilen, wenn auch nicht häufig, auf elfenbeinernen Nachbildungen (Reichel,
a. a. O. 4 Abb. 9). Ein unerläßlicher Bestandteil war diese Mittelspreize offen-
bar nicht.

Der Schild von 35 trägt auf der Außenseite zwei Reihen kleiner Kreise,
die hier wohl nur Schmuck sein können, da sie keiner Innenspreize entspre-
chen. Man vergleiche die beiden Reihen kurzer Striche an derselben Stelle
auf dem Fresko von Tiryns (Tiryns II Taf. 5; Evans III 304 Abb. 197; Bossert
Abb. 208). Auf der Gemme 116 (jetzt auch bei Evans III 126 Abb. 80) sind
die Ränder beider Schilde von solchen Kreisen umsäumt; vielleicht ist dies eine
dekorative Ausgestaltung der Stifte, die an wirklichen Schilden Rahmen und
Fell verbanden. Unter der Masse goldener Nagelköpfe und kleiner, runder
Schmuckbleche, welche die Schachtgräber bargen, mögen einige von Schilden
stammen; unten S. 216 f.

Über die dem homerischen rsla/ucov entsprechenden Schildriemen hat
Reichel, a. a. O. 9 ff. alles Wesentliche gesagt. Unsere Schilde waren „ständige
Leibhüllen, nicht eine leicht bewegliche Armwehr". Man trug sie demnach nicht
an „Armbügeln oder Handgriffen", sondern an langen Riemen um Nacken und
linke Schulter, wie es Herodot (I 171) beschreibt1). Auf der Dolchklinge 394

*) Wenn dieser den Karern die Erfindung der Handhaben (öyava) zuschreibt, so ist dagegen an das vereinzelte
Auftreten kleiner Armschilde im minoisch-mykenischen Kreise zu erinnern: Siegelabdruck aus Knossos, BSA. IX 59
Abb. 38. Evans II 831 Abb. 547, MM. III — SM. I, verkleinerte Turmform; mykenische Kriegervase, Furtwängler-
Loeschcke, Myk. Vasen Taf. 43: Bossert Abb. 265/6 (Peltaform); Scherbe von Tiryns, Schliemann, Tiryns Taf. 14;
Bossert Abb. 267 (kleine Rundschilde, spätmykenisch). Vgl. den kleinen Schmuckschild aus Lapislazuli bei Evans III
316 Abb. 207 (wohl MM. III— SM. I).
 
Annotationen