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Karo, Georg
Die Schachtgräber von Mykenai (Band 1): Text — München, 1930/​1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14445#0227

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4. Schutzwaffen 219

auf dem Filz oder Leder der Helmkappe in Reihen aufgenäht waren: vgl. Reichels
Abb. 40 (Zeichnung v. E. Gillieron).

Die Ausbeute des IV. Grabes reicht also gerade für einen Helm aus; er war
eine schöne Jagdtrophäe, zu deren Herstellung 30—40 Eber erlegt werden muß-
ten. Wie Abb. 94 lebrt, krönte ein runder Buschträger das Ganze, und von sol-
chen, aus Knochen geschnitzten, barg Grab IV vier Exemplare: 532—535, LXX,
Beschreibung S. 113; eines gehörte natürlich zum Helm mit den Eberhauern, die
anderen zu glatten oder mit den Bronzescheiben 541—549, LXX benähten Kap-
pen. Uber die Verteilung solcher Plättchen, von denen Grab IV 39 ganze Exem-
plare und viele Bruchstücke enthielt, belehrt uns besser als die viel jüngere myke-
nische Kriegervase (Bossert Abb. 265/6) der Helm des Siegers auf dem Goldring
241. Sein wehender Helmbusch und der seines Gegners bilden eine schlagende Illu-
stration zu dem aus Goldblech geschnittenen des V. Grabes (639, LVI), der freilich
jenen gegenüber etwas klein und dürftig anmutet. Er könnte auch zu einer
Schwertscheide wie der des Siegers auf 35, XXIV gehören1).

Dagegen ist der Helmschmuck der Krieger auf dem großen Silbergefäß
605, CXXXI viel komplizierter: einmal erscheint ein doppelter, kammartiger,
spitzer Busch (g), zweimal ein wie ein breites Ammonshorn aufgebogener (p),
in Verbindung mit einem merkwürdigen, kantigen Vorsprung, der den home-
rischen (pdXog vorwegnimmt (Reichel, a. a. 0. 98 f.). Diese Helmzierden eröffnen
uns auch das Verständnis für die verschiedenen Löcher der Buschträger 532 bis
535, die bei einem einfachen Schmuck wie 639 nicht erklärbar wären. Der
oben S. 218 Anm. 1 erwähnte Helm auf einer Gemme von Vaphio besitzt sogar
zwei symmetrische „Ammonshörner" jederseits eines Mittelbusches, außerdem
einen cpdlog und ein Paar unten zusammengebundene Sturmbänder.

Grab V hat nur wenige rechteckige Plättchen aus Eberhauern bewahrt
(877, LXXI), dafür ab er einige hornförmig zugeschnittene Stücke (894/5, LXXI),
deren Verwendung die Reliefs des Fayencekännchens 123/4, XXIII und Abb. 16
erläutern: eine halbkugelige, quergestreifte Kappe mit breitem Sturmband trägt
mindestens vier, wahrscheinlich fünf solche kleine Hörner. Diese viel einfachere
Sturmhaube bestand wohl fast ganz aus Leder oder anderem vergänglichem Ma-
terial; deshalb sind die Reste aus Grab V so spärlich. In II und VI fehlen sie ganz.

Die beiden Formen des minoisch-mykenischen Schildes deckten den Krieger
vom Halse bis fast zu den Knöcheln. Ein Panzer war daher eine unnötige Be-
lastung und kommt auch nie vor, ebensowenig Beinschienen. Dagegen lag es
nahe, die Schienbeine und Knöchel vor dem Scheuern der unteren Schildkante zu
schützen; dazu genügten Gamaschen aus Leder oder Filz, wie sie z. B. auf der
spätmykenischen Kriegervase angegeben sind; freilich auf keinem der Kampf-
bilder aus den Schachtgräbern, auch nicht an den großen Gestalten von 605,

') Reste eines ähnlichen Busches Nat. Mus. Nr. 2969, aus Mykenai.
 
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