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Karo, Georg
Die Schachtgräber von Mykenai (Band 1): Text — München, 1930/​1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14445#0235

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6. Gefäße aus Edelmetall und anderen kostbaren Stoffen

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ten Bechern: dann ist die Tasse verhältnismäßig tief und bauchig, mit kleinem,
schräg abgesetztem Rande (509, CXVII, Henkel 469. 474. 478); oder Tasse und
Henkel bestehen aus einem Stück, und der Rand ist nur ganz leicht auswärts gebo-
gen (213, CLXVIII. 519, CXXVII; vielleicht auch 480). Beide Formen haben die-
selbe ganz flache, kleine Fußplatte. Alle unsere Exemplare bestehen aus Silber und
sind sorgsam und widerstandsfähig gearbeitet, niemals so minderwertig wie viele
der Becher. Nur kommt dies auf den Bildern nicht recht zur Geltung, weil die
meist starke Oxydierung des Silbers den Eindruck verdirbt. Von ein paar beson-
ders kostbaren Exemplaren einer dritten, ganz flachen Form ist bloß der gesondert
gearbeitete, breite, flach abgesetzte Rand aus verziertem Gold erhalten, der nach
einer allgemeinen Regel mykenischer Toreutik nicht unmittelbar, sondern mit
Hilfe eines dazwischengelegten Bronzeblechs mit der silbernen Wandung verbun-
den, d. h. festgenietet ist: 212, CVI (runde Blättchen, Henkel verloren). 786/7,
CXXXVI (schräge Blättchen, auch auf dem besonders schönen, massiven Henkel1).
838, CXLVI und S. 135 Abb. 50 (rundstabförmig, quergerieft). Endlich darf man
hier zwei bronzene Exemplare mit flachem, seitlichem Ausguß anfügen: 170 und
Grab IV, ohne Nr., CLXIV, letzteres mit Verzierung wie 786/7; obwohl der Aus-
guß an Lampen erinnert2), zögere ich, solche hier zu erkennen, da auch die sonst
im minoischen und mykenischen Kreise so häufigen tönernen und steinernen Lam-
pen in den Schachtgräbern merkwürdigerweise fehlen.

Von den oben besprochenen Bechern unterscheidet sich scharf eine Gruppe
mit hohemFuß, die aus fast durchweg voneinander abweichenden Stücken be-
steht. 427, CVII, eines der schönsten mykenischen Gefäße, wirkt nur durch die
reine Harmonie seiner Linienführung und die ausgezeichnete Technik. Weder der
Becher selbst noch der Henkel weisen irgendwelchen Schmuck oder auch nur eine
dekorative Profilierung auf; aber beiden verleiht der feine Schwung der Umrisse
die hohe Schönheit vollendeter Proportionen. Dadurch und durch den Feingehalt
des Goldblechs erhebt sich dieser Becher weit über alle bisher besprochenen. Die
Herstellung des Gefäßes aus einem Stück mit dem hohlen Fuße erfordert schon
ein höheres technisches Können. Der Zwischenboden des Kelches ist so sorgfältig
eingesetzt, daß man auch am Original die kleinen Nieten leicht übersieht. Von
einem ähnlichen, silbernen Exemplar ist nur die untere Hälfte erhalten: 520,
CXXVII.

Nicht minder vortrefflich, aber in den Verhältnissen ganz anders gestaltet
und reichverziert ist der große, schwere Becher 351, CXI. Der Leib ist viel breiter
und niedriger, der Rand in sanfter Schwingung abgesetzt, der Fuß höher und
schlanker; unten läuft er in eine breitere, am Rande mit einer Reihe von Buckeln

*) Die Tassenwandung nach einem Exemplar aus Vaphio, 'Ecp. dpx. 1889, Taf. 7, 15 ergänzt.
2) Maraghiannis, Antiqu. cret. II 34 (Ton, MM. I); Evans II 305 Abb. 176 h (Ton, MM. III). 636 Abb. 401
(Bronze, SM. II).
 
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