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Karo, Georg
Die Schachtgräber von Mykenai (Band 1): Text — München, 1930/​1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14445#0307

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12. Darstellungen von Tieren

299

durch das gezäumte Tier des Prunkbeils von Malia erwiesen ist1). Ungleich weni-
ger lebensvoll und charakteristisch, vom Löwen nur durch die Flecken unter-
schieden, sind die Leoparden auf dem Goldblech 119/20 (oben S. 297); und die
Wappentiere von 50, XXVI sitzen wie Katzen friedlich gepaart auf ihrem Palm-
wedel. Ich hätte sie aber dennoch nicht oben S. 51 Wildkatzen nennen sollen;
denn ihre Flecken trennen sie deutlich von der kretischen Wildkatze auf dem
Wandgemälde von Hagia Triada (Evans I 538 ff. Abb. 391 f.; der Kopf aus Knos-
sos ebenda zeigt allerdings Flecken).

Die Stiere von 119/20, XXXIII haben wir schon kennengelernt, ebenso das
als Stierkopf gedachte Gebilde auf dem Kästchen 808—11, CXLIII. Besser sind
die kleinen Goldbleche 353/4. XLIV, zwischen deren Hörnern Doppelbeile er-
scheinen2). Dies hat zu der durch Gillierons Nachbildung weit verbreiteten, irri-
gen Ergänzung des ausgezeichneten silbernen Stierkopf-Rhytons 384, CXIX—XXI,
S. 93 Abb. 23 geführt. Für die Technik dieses einst in reichem goldenen Schmuck
strahlenden Meisterwerks, das sich von seinem Gegenstück, dem Löwenkopf 273,
durch eine von jeder Stilisierung freie, wunderbare Natürlichkeit unterscheidet,
verweise ich auf das in der Beschreibung und Arch. Jahrb. XXVI 1911, 249 ff. Ge-
sagte. Die minoischen Parallelen hat Evans angeführt, zuletzt II 527ff. Abb.329ff.,
die Funde aus den englischen Ausgrabungen in Mykenai Wace, BSA. XXIV 202 ff.
Es kann kein Zweifel bestehen, daß alle diese prächtigen Stücke rein minoisch
sind. Sehr ansprechend schreibt sie Evans der „Knossian Palatial School" zu.
Seine Datierung des silbernen Rhytons in die Frühzeit von MM. III ist freilich zu
hoch gegriffen. Ein solches Prunkstück konnte gewiß lange im Gebrauch der Le-
benden sein, ehe es einem Fürsten ins Grab folgte. Aber m. W. gibt es unter den
erhaltenen tönernen Stierkopfrhyten keines, das vor die Wende vom MM. zum
SM. fallen müßte, während Rhyta in Gestalt ganzer Stiere natürlich viel älter sind
und bis an die Grenze des FM. hinaufreichen3). Solche sind m. W. bisher auf dem
Festlande nicht bezeugt. Auch sind die kretischen stets aus Ton, den wunderbaren
Stierkopfrhyten nicht ebenbürtig. Endlich verdient hervorgehoben zu werden, daß
die auf Kreta so beliebten Darstellungen von Stier spielen auf dem Festlande
in der ganzen ältermykenischen Zeit, nicht nur in den Schachtgräbern fehlen; auch
auf dem Becher von Vaphio handelt es sich um kein Kunststück, sondern um den

*) Evans II 274 Abb. 164; Chapouthier-Charbonneaux, Mallia I 58 Taf. XXXII. Vgl. auch den Siegelabdruck
aus den Teraple Repositories, BSA. IX 59 Abb. 38.

") Zur religiösen Bedeutung dieser merkwürdigen Zusammenstellung zuletzt Nilsson, Minoan-mycenaean Reli-
gion 144. 196 und unten S. 332.

3) Evans I 188 ff. Abb. 137 und besonders II 259 ff. Abb. 154 ff., mit sehr wichtigen altsumerischen Parallelen,
die den Ursprung des Typus ergeben. Beziehungen von Kreta zu Babylonien, oder wenigstens zu Vermittlern in Syrien,
erweisen neben Siegelzylindern des ausgehenden III. Jahrtausends (Evans I 197 ff. Abb. 146. II 265 f. Abb. 158) die in
Samarra von Sarre und Herzfeld entdeckten echten kretischen Scherben aus SM. I: Fr. Sarre, Die Ergebnisse d. Aus-
grab, v. Samarra 1922, 11; Islam 1914, 19.0 ff.
 
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