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Karo, Georg
Die Schachtgräber von Mykenai (Band 1): Text — München, 1930/​1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14445#0309

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12. Darstellungen von Tieren

301

An Haustieren begegnet uns der Hund in mehr als einer Rasse. Wie ein
großer, spitzähnlicher Schäferhund sieht das ruhig gelagerte Tier auf den Gold-
blechen 41, XXIV aus (dazu die ganz schlechte Variante 42). Die eingedrückten
Punkte sollen wohl ein langhaariges Fell andeuten. Dagegen tragen die Hunde
auf der Holzbüchse 812, CXLV oben doggenartigen Charakter. Sie sind nicht nur
in der Größe, sondern auch in Verhältnissen und Rasse von den gedrungenen, fet-
ten, kleineren Tieren unter ihnen verschieden. Man vergleiche nur Beine und
Schweife miteinander. Die großen sind grundverschieden von der schlanken, hoch-
beinigen Rasse mit kleinem, spitzem Kopf, wie sie kretische Denkmäler in langer
Reihe zeigen1). Die unseren erinnern in Kopf und Körper eher an Evans II 765
Abb. 493. 495, sowie an die Meute der tirynther Eberjagd (Tiryns II Taf. 13; Bos-
sert Abb. 215); aber diese haben lange, geschwungene Schwänze wie die von 41. Zu
der kleineren Rasse von 812 weiß ich keine Parallelen (vgl. Schweitzer, Ath. Mitt.
IV 1930, 110 ff.).

Das Pferd erscheint auf der Schwertklinge 748, LXXXVI in voller Freiheit.
Die beiden langen Reihen feuriger Tiere rennen dahin, wie Herden wilder Rosse.
Es ist bisher m. W. nirgends auf den tiefgreifenden Unterschied zwischen diesem
Rassetypus und dem wohl zuerst auf dem bekannten knossischen Siegelabdruck
dargestellten hingewiesen worden, der dann auf den Fresken von Tiryns und
Mykenai wiederkehrt2). Der Unterschied liegt nicht etwa darin, daß auf diesen
Bildern die Pferde gezäumt oder eingespannt, auf der Klinge frei sind. Denn der
Goldring 240, XXIV zeigt dieselben Tiere wie 748 vor dem Jagdwagen, wenn auch
das Geschirr nicht angegeben ist. Daß jener Unterschied empfunden wurde, lehrt
die mehrfach ausgesprochene Bezeichnung der Pferde unserer Klinge als Wildesel.
Diese Rasse mit ihrem stark gekrümmten Profil, der struppigen Mähne, dem bu-
schigen, bei 240 hoch emporgeworfenen Schweif mutet fremdartig an. Die nächste
Analogie bietet heute das einzige noch lebende Wildpferd, der mongolische equus
Przewalski!). Und als wildes, oder vielmehr vor kurzem erst gezähmtes Pferd dür-
fen wir diesen Typus auffassen, während die jüngeren kretischen und festlän-
dischen Darstellungen eine veredelte Rasse zeigen (Rodenwaldt, Fries d. Megarons
66 Anm. 80, zur Herkunft von Pferd und Wagen).

Der Streit- und Jagdwagen gehörte offenbar schon zur Zeit der Schachtgräber
zu den unerläßlichen Bestandteilen mykenischen Herrendaseins; nicht weniger als
achtmal erscheinen Wagen oder Pferde auf den Grabstelen (1428, V. 1429, VI.
1427, VII. 1431, VIII; viermal auf Taf. X). Eine Bestimmung der Rasse ist bei
diesen primitiven Werken kaum möglich; immerhin ist auf die kleinen Köpfe

') Deckel von Mochlos, Seager 21 Abb. 5 = Evans I 94 Abb. 62 (FM. II). Elfenbeinpetschaft Evans I 197 Abb. 145
(MM. I); vgl. I 716 Abb. 539 c (MM. II). II 765 Abb. 494 (SM. I).

2) BSA. XI 13 Abb. 7; Rodenwaldt, Tiryns II 10 ff. 103 ff. 162, Taf. II. XIV; Fries des Megarons von Mykenai
24 ff. 41 ff. 66; Wace, BSA. XXV 254, Taf. XXVI f.

3) M. Hilzheimer, Reallex. d. Vorgesch. X 109 ff.; O. Menghin, Weltg. d. Steinzeit 308 ff. 465 ff.; unten S.338f.

Karo, Schaclitgräber
 
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