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Karo, Georg
Die Schachtgräber von Mykenai (Band 1): Text — München, 1930/​1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14445#0320

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312

III. Ergebnisse

an der Schulter von 391, CXIV herstellen, ebenso die Buckel am Fuße des Roset-
tenbechers 351, CXI, der mit seinen überaus fein gravierten, wagrechten Riefen
und Linien, den sorgsam getriebenen Sternblüten und dem massiven, reich ver-
zierten Henkel eines der hervorragendsten Kunstwerke der Schachtgräber bildet.
Um so überraschender ist die bei fast allen anderen Gefäßen aus Edelmetall wie-
derkehrende Rücksichtslosigkeit, mit der der Henkel über das Ornament genagelt
ist, noch dazu mit Stiften, die im Innern zwar sorgfältig geglättete Köpfe tragen,
außen aber ganz roh abgehackt und platt gehämmert sind. Vgl. als besonders
krasse Fälle 629. 656, CXXV f., sowie die im übrigen ausgezeichnete Silberkanne
855, CXXXIV.

Sehr beliebt war offenbar die Verbindung von Gold und Silber an demselben
Gefäß, natürlich bloß an sorgsam gearbeiteten Stücken: Silberbecher mit Gold-
rosetten 122, CV; Silbertassen mit Rand und Henkel aus Gold, 212, GVL 786/7,
CXXXVI; Silbertrichter mit Mündungsrand, Nägeln und Schilden aus Gold, 481,
CXXII; silberner Stierkopf mit goldverkleideten Hörnern, Ohren, Schnauze, 384,
CXIX ff. Die Augen des Stiers waren einst vielleicht mit Niello eingelegt. Das
führt uns zu dem kunstvollsten aller minoisch-mykenischen Gefäße, dem großen
Becher 390, CXII f., der allein nicht aus Silber, sondern aus Elektron besteht und
Einlagen in Goldblech und Niello besitzt; vgl. die Beschreibung oben S. 94 und
zur Inkrustationstechnik unten S.313. Leib und Fuß sind gesondert gearbeitet und,
nach dem Zeugnis E. Gillierons, zusammengelötet, wiederum eine in die-
sem Kreise einzigartige Besonderheit; sonst kommt nur Schweißen vor (bei 427,
CVII sind Leib und Fuß durch feine Stifte verbunden). Diesem in Form und Stil
rein minoischen Prunkstück weiß ich aus Kreta nichts an die Seite zu stellen; frei-
lich kennen wir dort noch kein unberaubtes Fürstengrab.

Neben dem eben beschriebenen Tafelgeschirr wirken die großen kupfernen
Vorratsgefäße natürlich recht plump und roh: Taf. CLIV—CLXI, oben
S. 156 ff. Abb. 76 f. 247 ff. Sowohl die Hydrien wie die Kessel gleichen in For-
men, Formaten und Technik so vollkommen den auf Kreta gefundenen, daß sie
aus denselben Werkstätten stammen könnten. Dabei sind die minoischen Exem-
plare durchweg jünger, manchmal um mehr als ein Jahrhundert (oben S. 250). Be-
zeichnend für die Technik ist folgendes: die meisten Gefäße sind aus mehreren
großen Blechen mit zahlreichen Stiften recht roh zusammengesetzt, niemals ge-
schweißt oder gelötet, die Flickstücke ebenso befestigt, die schweren, gegossenen
und geschmiedeten Henkel an die Wandung oder den Rand des Gefäßes genagelt.
Nur bei einigen kleinen Kesseln und den auf Taf. CLXIII vereinigten Stücken be-
steht der Leib aus einem Blech, ebenso natürlich bei den Tassen und Schalen Taf.
CLXIV und S. 156 Abb. 75. Bisweilen wurde der Rand eines Kessels durch einen
Kupfer- oder Bronzestab verstärkt: Taf. CLXII, vgl. S. 157 III.

Den Schachtgräbern eigentümlich sind die großen Bleikessel mit oder
ohne Bronzeränder, die offenbar als Wasserbehälter dienten: 492 ff., CII, vgl.
 
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