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Karo, Georg
Die Schachtgräber von Mykenai (Band 1): Text — München, 1930/​1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14445#0319

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14. Das Handwerk und seine Technik

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die für die minoische Toreutik besonders charakteristische Verbindung von Gold
und Silber (75 f., XXX f. 263, XLII). Diese wird bei Schmucksachen unmittelbar
hergestellt, bei Gefäßen fast stets durch ein dazwischengelegtes Bronzeblatt. Lö-
tung scheint bis auf einen Fall (unten S. 312) der minoisch-mykenischen Kunst
fremd zu sein. Höchste Vollendung auch imTechnischen zeigen die über einem Blei-
kern mit Punzen und Grabstichel gearbeiteten Bilder der Schieber und Ringe auf
Taf. XXIV, die rein minoischer Kunst entstammen, wenn sie auch in Mykenai ge-
schaffen sein mögen.

In der Treibtechnik machen sich wesentliche Unterschiede bemerkbar. Die
Nadel 75, XXX, der Knaufbeschlag 295 a, LXXV. LXXVIII, die Goldbleche von
Griffen und Knäufen LXXIV f. LXXIX. LXXXII ff. sind den besten minoischen
Arbeiten ebenbürtig, erst recht natürlich die beiden Tierkopf-Rhyta CXVII—CXXI
und die figürlich verzierten Silbergefäße 481, CXXII und 605, CXXVIII—CXXXI,
denen wir auf Kreta bisher nur steinerne an die Seite stellen können1). Dagegen
sind auch technisch Stücke wie die Bleche mit Lilienkette und Schwalben (23/4,
XXI), das schmale Band 109, XXXII, der Nadelkopf 247, XXXII offenbar noch
unbeholfene Nachahmungen minoischer Vorbilder, ebenso die Verkleidungen des
Holzkästchens 808—811, CXLIII f., die stilistisch selbständiger sind als jene.

Besonders klar treten die Unterschiede bei den glatten oder einfacher ver-
zierten Gefäßen aus Gold und Silber hervor. Es gibt einige Väschen, die technisch
kaum von den durch Troja und die goldene Sauciere von Heraia (JHS. XLIV
1924, 163 ff.) vertretenen altägäischen Metallgefäßen abstechen: 72. 74. 83—85,
CHI f. Dasselbe würde von einer Reihe goldener Becher gelten, wenn nicht die
Verstärkung der Henkelränder durch Bronzedraht minoischen Einfluß, wie in
Form und Verzierung, so auch in der Arbeit verriete: 220, LXXII. CLXX. 392,
CIV. 440—442, CVII f. 313, CX. 627—629, CXXIII ff. Auch mehrere der Silber-
gefäße auf Taf. CXXIII. CXXVI. CXXXIII reihen sich an. Wesentlich schwieriger
ist das technische Problem bei den Bechern mit hohen, hohlen Füßen, die eine viel
kunstvollere Treibarbeit erfordern: 427, CVII, ein besonders sorgfältig und sicher
aus starkem Goldblech hergestelltes Werk; 656, CXXVI, dessen Löwen sich tech-
nisch wie stilistisch beträchtlich vom Minoischen entfernen; die Silbergefäße 864
und 909 a, CXXXV. Die durch die Goldbecher von Vaphio berühmt gewordene
Form weist so gut zusammengeschweißte Henkel auf, daß ihre Bestandteile sich
noch gar nicht gelockert haben: 390, CXII f. 412, CIX, die glatten Exemplare auf
Taf. CXXIII, CXXXIII. 412, der „Nestorbecher", hat einen so breit ausladenden,
flachen Fuß, daß er mit einem einfachen Punzen gar nicht herausgetrieben werden
konnte; hier war, wie mich E. Gillieron d. Ae. belehrt hat, ein kompliziertes Werk-
zeug erforderlich, bei dem ein senkrecht geführter Hammerschlag in wagrechte
oder schräge Richtung übergeleitet wurde. Nur so läßt sich auch das Ornament

l) Der silberne Hirsch 388, CXVf. bleibt als hethitisches Importslück hier außer Betracht.

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