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Oechelhäuser, Adolf von; Kraus, Franz Xaver [Hrsg.]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 4,3): Die Kunstdenkmäler der Amtsbezirke Buchen und Adelsheim (Kreis Mosbach) — Tübingen [u.a.], 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.1388#0062

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KREIS MOSBACH.

neueren Ursprungs sind. Eine massive, in der Mitte mit Bohlen gedeckte Brücke führt
über den Graben zu dem einzigen Eingange. An der Ost- und Südseite läuft um den
»See oder Wassergraben« aussen ein »Gang« herum, der die Verbindung zwischen dem
oben erwähnten östlichen Baumgarten und dem auf der Westseite gelegenen und mit
Pallisaden umzäunten »Schlossgart« herstellte. Von diesem führte eine Treppe in den
Wassergraben herab.

Es ist somit eine Anlage grossen Stiles, die wir vor uns haben, bei der der Mangel
an fortifikatorischem Charakter aus der späten Zeit zu erklären ist, in der das Haupt-
gebäude entstanden ist. Die Zeit der Wasserburgen war vorüber; der ohnedies schwer zu
bewässernde Graben diente mehr zur Absonderung des Burggeländes, denn dass er bei
der Vertheidigung ernstlich in Betracht gekommen wäre. Das Schloss konnte ja von den
umliegenden Höhen in Trümmer geschossen werden, ohne dass ein Sturm stattzufinden
brauchte. Desshalb ist auch der Charakter des Schlosses selbst mehr der eines stattlichen
Wohnhauses. Einzig die beiden, nach französischem Vorbilde, die Ecken flankirenden Rund-
thürme (vergl. z.B. das Unterschüpfer Schloss, Theil II desselben Bandes S. 217) und die
dazwischenliegende Frontmauer sind mit Brillenscharten versehen, deren tiefe Lage (ca. 1 m
über der Grabensohle) sie jedoch als zur Vertheidigung unbrauchbar und mehr als Licht-
öffnungen für die Kellerräume erscheinen lässt. Das Aeussere zeigt völlig schmucklosen
Putzbau mit spätgothisch profilirten Sandstein-Gewänden in den ungegliederten Flächen,
macht aber mit den von achteckigen Aufbauten gekrönten Thurm-Vorlagen und mit
dem stattlichen Portal einen vornehmen und zugleich malerischen Eindruck (s. Fig. 28).

Die Hauptzierde des Baues ist das Portal in Sandstein-Rustica mit flankirenden
Pilastern. Am kräftigen Schlussstein im Scheitel des Rundbogens findet sich der Name
und das adjustirte Zeichen des Baumeisters eingehauen:

VRBAN • KHALTSCHMID • von • LINDAW^P

Den oberen Abschluss des Portals bilden die zwischen Halbsäulen in Muschel-
nischen angebrachten Wappen des Bauherrn und seiner Gemahlin, mit folgender gereimter
Inschrift am Friese des darüber gelagerten Gebälks und am Sockel unterhalb:
MIT-GOTTES-GEN ADEN-AMEN DISEN-BAW-FIENG-AN-MIT-NAMEN-
WOLF • VON . HARTHEIM • GEBVRD • CHRISTI • ALT • DA VSENT • FVNFHV

NDERT • SECHZIG • AINS • ZALT
MEIN ■ ELICH • GMAHEL • SO • ICH • HET • VON • BERLICHINOEN • HIES

MARGRET
WARTEN- HIE- DER.GOTTES-GABEN-DVRCH-DER.DREIFALTIGKEIT

GNADEN

(Das Hartheim'sehe Wappen zeigt einen Thurm im Schilde und als Helmzier
einen aus einem Thurme herausragenden Ritter (?), das Berlichingen'sche, wie gewöhnlich,
das fünfspeichige Rad und auf dem Helme den ein Lamm im Maule haltenden Wolf.)

Der Gang, in den man durch das Portal eintritt, theilt das Erdgeschoss in zwei
Hälften. Rechts lagen dem oben erwähnten Plane zufolge nach vorn: Die »Schreib-
stube« und die »Hofstube« mit Thurmerker (jetzt zu einem Räume vereinigt), nach
hinten das »Sommerhauss«, links nach vorn die »Fraukammer« und »Fraustube«. Da-
hinter zweigt sich vom Mittelgang ein Seitengang ab, der an der Mauer im rechten
Winkel umbiegt und zur »Küche« führt, die in den Hinterhof hinausgebaut ist. Eine
 
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