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Oechelhäuser, Adolf von; Kraus, Franz Xaver [Hrsg.]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 4,3): Die Kunstdenkmäler der Amtsbezirke Buchen und Adelsheim (Kreis Mosbach) — Tübingen [u.a.], 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.1388#0077

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AMT BUCHEN.

OBERSCHEIDENTHAL.

69

Hervorzuheben ist noch der in einfachen, etwas derben Formen gehaltene lauf- Taufstein
stein (r. S.) vom Jahr 1586, eine Stiftung des Amorbacher Abtes Johannes Baumann,
während die übrige Ausstattung des Gotteshauses zwar künstlerisch unbedeutend, aber
einheitlich in klassizistischen Formen durchgeführt ist.

Aus dem Kirchenschatze sind nur erwähnenswerth: ein silbervergoldeter Kelch Kirchenschatz
(0,26 m hoch), dessen Formen beinahe an Rococo streifen, während das Chronostichon
der Inschrift die Jahreszahl 1658 angibt (Marke: Traube und Zeichen I G) und das
silberne Ciborium im Altar.

Die grosse Glocke vom Jahre 1623. Glocke

An der ehemaligen Kirchhofsmauer zwei barocke Grabplatten aus dem Ende des Grabplatten
XVII. Jhs. mit sehr verwitterten Reliefs und Inschriften.

Im Pfarrhause steht eine ältere schöne Marienstatuette (1,08 m hoch) aus dem Hokfigur
Ende des XVI. Jhs. (?). Gut erhaltene Schnitzarbeit unbekannter Herkunft. Das Gothische
erscheint völlig abgestreift, von der späteren Manier noch keine Spur.

Das Rathshaus ist ein stattlicher spätgothischer zweistöckiger Steinbau von ein- Rathshaus
fachster Formgebung. Seine Entstehung ist durch das Wappen des Erzbischofs Dietrich
Schenk von Erbach (1434 bis 1459) oberhalb des spitzbogigen Portals an der
Strassenseite festgelegt. Ueber dem später hergestellten zweiten Eingange der Schmal-
seite thront das Wappen des Mainzer Kurfürsten Berthold von Henneberg mit der
Jahreszahl 1503. Das Innere völlig renovirt.

OBERSCHEIDENTHAL

Das römische Kastell der Odenwald-Neckarlinie, unmittelbar am südöstlichen
Ausgang des heutigen Dorfs auf dem Gewann »Burgmauer« errichtet, auf einer Strecke,
die noch heute den Namen »Schlossgarten« und »die Burgäcker« führt, wurde 1880
durch Dr. K. Christ und Kreisrichter'-a. D. Conrady festgestellt und im Sommer 1883
durch Conrady und mich blossgelegt. Im Herbst 1895 vervollständigten die Grabungen
der Reichs-Limes-Kommission durch Prof. Schumacher das bis dahin gefundene.1)

Das Kastell ist durch die im Boden erhaltenen Mauerreste als ein flach erhöhtes
Mauerviereck noch ziemlich erkennbar. Die noch besonders gut erhaltene porta
principalis dextra wurde 1886 in staatlichem Auftrag durch Oberbaurath Kircher derart
restaurirt, dass jetzt ein anschauliches Bild derselben gewonnen werden kann.

Die Anordnung des Kastells (s. d. Plan Fig. 36) ist im Ganzen die gewöhnliche;
die langen Seiten (N. und S.) messen 152—153 m, die schmalen 134—137 m; die
Ecken sind mit ca. 16 m Halbmesser abgerundet. Das Mauerwerk ist ca. 1,40 m dick, aus
sauber bearbeiteten und horizontal geschichteten rothen Sandsteinen errichtet. Eck- und
Zwischenthürme fehlen. Aussen um die Mauer zog ein Spitzgraben, ca. 6 m breit
und 1,50 m tief, mit einer 1 m breiten Berme; an den Thoren war er nicht unter-
brochen, es müssen also Brücken zu denselben geführt haben.

J) S. der Obergermanisch-Raetische Limes des Römerreichs, publ. von der Reichs-Limes-Kom-
mission, Beschreibung des Kastells Oberscheidenthal von Prof. Schumacher, Lieferung VI. 1897.
 
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