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Oechelhäuser, Adolf von; Kraus, Franz Xaver [Hrsg.]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 4,3): Die Kunstdenkmäler der Amtsbezirke Buchen und Adelsheim (Kreis Mosbach) — Tübingen [u.a.], 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.1388#0222

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214

KREIS MOSBACH.



3) Die dritte Figur (links auf Tafel XVIII), S. Laurentius, ist barhäuptig und
dadurch etwas niedriger, als die beiden andern. Er trägt Diakonenkleidung: goldene
Dalmatika mit grünen und rothen Fransen, die er mit der Linken vor der Brust aufhebt,
darunter das braimrothe Unterkleid, wie Papst und Erzbischof. Die Rechte, die den Rost
gehalten haben wird, ist abgebrochen. Der jugendliche Kopf zeigt ganz den Typus der
Riemenschneider'schen Johannesbilder: hervortretendes spitzes Kinn, niedrige Stirne,
kurze Nase, schmalen Mund und vor Allem seitlich abstehende grosse Lockenbüschel.
Auch der träumerische Blick immer wiederkehrend. Im Ganzen etwas minderwerthig
gegenüber 1) und 2).

4) Wesentlich flacher und niedriger im Relief gehalten erscheint der h. Erasmus
(die Unterschrift zeigt nur noch die Buchstaben Er..., doch ist wohl nicht zu zweifeln,
dass dieser heilige Bischof dargestellt ist, wenngleich sein gewöhnliches Attribut, die
Winde, fehlt; möglicherweise ist auch der Regensburger Märtyrer Bischof S. Erhardus

Fig. log. Altarplatte in der Kirche zu Sindolsheim.

gemeint) auf einer mit hübschem spätgothischen Ornament bemalten kleinen Konsole
(s. Abbild, rechts auf Tafel XVIII). In bischöflicher Tracht mit einem Buch in der
Rechten und Bischofsstab in der Linken steht er etwas nach links gewendet da und
zeigt den Kopf ebendorthin gewendet. Die Farben der Gewänder sind dieselben, wie bei
1) und 2), aber mehr zerstört. Das Schönste auch hier wieder der aufs Sorgfältigste
durchgearbeitete Kopf mit dem ernst auf das Buch gerichteten Blick. Dunkele Haare
quellen seitlich unter der Mitra hervor; das Inkarnat des Gesichtes auch hier etwas
reichlich lebhaft und roth. Störend wirken die übertrieben geschwungene Haltung und
die nach der Seite allzu gebauschten Mantelfalten.

In ihrer vollständigen Unberührtheit gehören die vier Sindolsheimer Skulpturen
zu den werthvollsten Zeugnissen der Riemenschneider'schen Kunst. Leider ist über ihre
Herkunft nichts sicheres bekannt, wenn auch sehr wahrscheinlich, dass sie aus der
altern Sindolsheimer Kirche stammen, von der der Thurm (s. oben), in dem sie bislang
aufbewahrt waren, als Rest erhalten ist.
 
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