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Oechelhäuser, Adolf von; Kraus, Franz Xaver [Hrsg.]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 8,1): Die Kunstdenkmäler der Amtsbezirke Sinsheim, Eppingen und Wiesloch (Kreis Heidelberg) — Tübingen, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.1226#0016
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KREIS HEIDELBERG

schön gearbeitete Heftnadeln (fibulae) von Silber, zum Teil vergoldet und mit Korallen-
einiagen, verzierte Armringe von blauem und gelbem Glas, Zierstücke von Bein und von
Bernstein etc. Fundstücke in der Großh. Altertümersammhing Karlsruhe. Eingehende
Beschreibung des Grabfunds von K. Schumacher in der Oberrh. Zeitschr. V {1890)
S. 409 ff. (W.)

Die in der genannten Urkunde des Jahres 1303 erstmalig erwähnte ecclesia,
die 1358 mit dem Zusatz parochialis erscheint, gehörte zur Wormser Diözese und war
dem S. Nikoiaus geweiht. Dieses Gotteshaus scheint i. J. 1494 durch einen Neubau
ersetzt worden zu sein, von dem noch der gotische Chor der jetzigen hoch gelegenen
evangelischen Pfarrkirche stammt. Die genannte Jahreszahl findet sich im Innern
über der Sakristeitür. Die spätgotischen Formen des fünfseitigen Chores stimmen gut
damit. Die beiden Schlußsteine des schönen Sterngewölbes zeigen das Lamm mit der
Auferstehungsfahne und verschiedene Zunftzeichen (Hacke, Beil, Zirkel etc.) mit Abend-
mahJskelch. Dieselben Zeichen an dem Schlußstein des Gewölbes in der Sakristei.
Die Stelle von Konsolen für die Rippen des Gewölbes vertreten Heiligen- und Engel-
figuren; an einer Konsole scheint sich der Baumeister oder Steinmetz selbst verewigt
zu haben.

In der Wand hübsch umrahmte spätgotische Sakramentsnische.

Der alte Chor öffnet sich in einem weiten Spitzbogen nach dem in Kreuzform
angebauten, modernen Schiffe.

Auch der über der Sakristei im Süden am Chor sich erhebende Turm stammt,
in seinem unteren Teile wenigstens, noch vom alten Bau her. Das obere Geschoß mit
dem spitzen Schieferdach ist jüngeren Ursprungs, wie denn auch ein Teil des Maßwerkes
am Chor erneuert worden ist.

Den ehemaligen Hochaltar hat i. J. 1831 Pfarrer Wilhelmi erworben und
dadurch »vom Untergange errettet«. (Eine ausführliche Beschreibung der Altarbilder
befindet sich im Ersten Jahresbericht an die Mitglieder der Sinsbeimer Gesellschaft etc.
S. 57 ff.) Der Verbleib ist mir unbekannt; jedenfalls ist er nicht mit der Sinsheimer
Altertümersammlung i. J. 1850 in die Großh. Sammlungen nach Karlsruhe übergegangen.

Die drei von Pfarrer Wilhelmi als damals noch an Ort und Stelle befindlich er-
wähnten Glasfenster im Chor aus den Jahren 1494 und 1497 (s. Erster Bericht etc. S. 59}
erhielt i. J. 1838 Großherzog Leopold von der Gemeinde für 40 Reingolddukaten und
eine silberne Abendmahlskanne mit Platte (s. Frank, Kirchengeschichte S. 17) zum »Ge-
schenk«; sie befinden sich jetzt auf Ebersteinschloß. Sie stellen dar: 1. Kruzifixus,
2. Porträt des Kaisers Friedrich III. und seines Sohnes Maximilian, und 3. Votivbild
des Jacobus de Venningen vom Jahre 1497.

Am Eingange des Ortes von Sinsheim her steht linker Hand ein ehemaliges
Herrschaftshaus mit reich verziertem Rokokoportal. Am Giebel eingemauert befindet
sich ein Stein mit Renaissanceverzierungen, Doppeladler darauf und der Jahreszahl 1569.

Die älteste der drei Glocken stammt aus dem Jahre 1705. Die Orgel war ein
Geschenk des kurpfälzischen Oberjägermeisters Freiherm Karl von Venningen aus dem
Jahre 1771.

Im Orte verstreut zahlreiche ältere Fachwerkhäuser, zum Teil recht stattlich
und malerisch, aber ohne besondere Eigentümlichkeiten.
 
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