Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Oechelhäuser, Adolf von; Kraus, Franz Xaver [Editor]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 8,1): Die Kunstdenkmäler der Amtsbezirke Sinsheim, Eppingen und Wiesloch (Kreis Heidelberg) — Tübingen, 1909

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.1226#0129
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
AMT SINSHEIM - SINSHEIM HI

worden ist. Steigt man hinauf in das oberste Geschoß, so hat man die Decke dicht
über sich und bemerkt an den Wänden die Reste der nach der Wiederaufrichtung des
Stiftes unter Ernst von Ouhreni.J. 1626 vorgenommenen umfassenden Bemalung
des Kircheninnern.

Eine große, jetzt nicht mehr gut erkennbare Inschrift an der östlichen Schmalseite
gibt hiervon Kunde. Sie lautet nach Wilhelmi: [Re]nov. anno Christi MDCXXXI
[UrJbani VIII papae VIII [FeJrdinandi II imp. XIII [PhjJlippi Christophori
episcopi Spirensis XXII.

Was von diesen Barockmalereien noch zu sehen ist, läßt eine flotte, aber
ziemlich rohe und derbe Form-wie Farbengebung erkennen: Pilasterteilung an den
Wänden und Konsolen mit Hauptgesims dicht unter der Decke, außerdem reiche deko-
rative Fensterumrahmungen. Auf der Merianschen Zeichnung (s. oben Fig. 51)
— zweifellos beruht sie auf Aufnahmen an Ort und Stelle — erscheint im Östlichen Teil
der Basilika ein zweites Querschiff, wie solches im 12. Jh. bei romanischen Kirchenanlagen
in Deutschland (zum Beispiel Münster i. W., S. Michael in Hildesheim etc.) nichts seltenes
war und die ungleiche Einteilung der Fenster des Mittelschiffes im Osten gut erklären
würde; andererseits spricht aber gegen diese Annahme der Umstand, daß die Arkaden-
bögen keinerlei Abweichung zeigen, wie sie die Anlage eines Querschiffes doch unbedingt
erfordern würde. Vielleicht also, daß es sich um einen späteren seitlichen Anbau an
dieser Stelle handelt (s. unsere seitliche Ansicht Fig. 56 und den Lichtdruck Tafel VII).

Die vorhandenen Formen: Bogen, Profile, Zierstücke etc. stellen die Erbauung der
Basilika in romanischer Zeit außer Zweifel. Wir haben danach in dieser Ruine noch die
erste, d. h. bei Begründung des Stiftes zu Beginn des 12. Jhs. errichtete Kirche vor uns,
deren mannigfache Schicksale in vorstehender Geschichte enthalten sind. Um so be-
dauerlicher ist der jammervolle Zustand, in dem sich diese ehrwürdigen Reste befinden.

Wie wir gesehen haben, ist das Stift durch die aufrührerischen Bauern i. J. 152.5
gebrandschatzt und dabei die Kirche jedenfalls arg mitgenommen worden. Gelegentlich
der darauffolgenden Instandsetzungsarbeiten scheint man sich zur Anlage eines neuen
Lettners entschlossen zu haben an Stelle des damals wohl zerstörten alten romanischen
Lektoriums. Es berührt eigentümlich, inmitten all des Gerumpels, mit dem jetzt der
unterste Stock des ehemaligen Langhauses angefüllt ist, noch den reich verzierten, aber
leider sehr beschädigten spätgotischen Lettner zwischen dem zweiten Pfeilerpaar vor der
ehemaligen Vierung aufragen zu sehen, dessen Grundriß unsere Abbildung {Fig. 54) zeigt.

Die fünf Schlußsteine des Netzgewölbes enthalten arg zerstörte Schilde mit Wappen,
unter denen Wilhelmi das der Herren von Hab-ern erkannt haben will, wodurch die
Entstehungszeit unter dem Dekanat Konrads von Habern (1513 bis 1530) festgestellt
sein würde. Die Formen sind die der Spätgotik; die Ausführung erscheint roh und
flüchtig. Die Spuren der ehemaligen barocken Bemalung auf der Vorderseite stammen
von der Restauration des Gotteshauses i. J. 1626 (s. oben) her, während an den Kappen
im Innern stellenweise noch Reste der spätgotischen Malerei sichtbar sind,

Die Anlage eines großen Turmes vor dem südlichen Seitenschiff war bereits im
Werke gewesen, als die Bauern das Stift überfielen, wie die Jahreszahl |52X über dem
Treppenportal in der Turmhalle beweist. Darüber finden sich sauber und tief eingehauen

die Initialen des Werkmeisters samt dessen Meisterzeichen

fj4jfr
 
Annotationen