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Oechelhäuser, Adolf von; Kraus, Franz Xaver [Hrsg.]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 8,1): Die Kunstdenkmäler der Amtsbezirke Sinsheim, Eppingen und Wiesloch (Kreis Heidelberg) — Tübingen, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.1226#0164
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AMT SINSHEIM - WEILER , 141

An dem Sturz des über der Eingangstür im ersten Obergeschoß befindlichen
Fensters findet sich die Jahreszahl 1527 eingemeißelt, dieselbe, die auf dem Wappen-
stein am Palas erscheint und offenbar auf die von Ludwig von Venningen in dieser
Zeit vorgenommene Restaurierung der Burg hinweist. Denn daß der Bau an sich
älter ist, unterliegt keinem Zweifel, so wenig auch hier die schmucklosen Formen der
Fenster und Türen bei völligem Fehlen sonstiger architektonischer Anhaltspunkte eine
sichere Datierung zulassen. Zweifellos handelt es sich bei allen den vorbeschriebenen
Wohnbauten um Werke des hochgotischen Stils, und es ist keineswegs ausgeschlossen,
daß ein Bau wie das Bandhaus noch ins 13. Jh. zurückgeht, d. h. in die letzten Dezennien
desselben, als hier oben der Minnesänger Spervogel als Gast der Herren von
öttingen hauste. Ebensogut möglich ist aberr daß der ganze Komplex der Wohn-
gebäude in seinen frühesten erhaltenen Teilen erst unter pfälzischer Herrschaft im 14. Jh.
entstanden und im 15. Jh. auf den jetzigen Umfang erweitert worden ist. Die Jahres-
zahl 1527 kann also — wie gesagt —■ jedenfalls nur auf einen Umbau der betreffenden
Baulichkeit bezogen werden.

Ausgrabungen haben ergeben, daß auch im Süden des Burghofes sich eine
Baulichkeit erhoben hat, welche sich auf den Plänen von A. von Bayer und
K. Wilhelmi nicht verzeichnet findet, auf unserem Plan aber punktiert eingetragen
erscheint. Wilhelmi vermutet, daß hier der Stall für die Esel war, »von denen
noch kleine Hufeisen gefunden worden sind«, und Östlich anstoßend der Gemüse-
keller, »dessen Gewölbe noch teilweise sichtbar ist«. Der in der Nähe befindliche
Brunnen hat einen Durchmesser von 2,30 m und ist bis auf den Felsen mit Quadern
ausgemauert.

Oberhalb der niedrigen Anbauten {Eselstall und Gemüsekeller) lief hier innen
an der Südseite des Mantels eine Holzgalerie entlang, deren Balkenlöcher sich bis
zum Bandhause hinziehen, in welches dieser Gang gemündet haben wird. Anscheinend
hat eine Holztreppe vom Hof aus hinaufgeführt. Der Wehrgang, der ringsum, also
auch im obersten Stockwerk des Bandhauses entlang lief, ist hier noch mit etwa !/2 m
Brüstungshöhe vorhanden. Wie er innerhalb der Baulichkeiten, die sich an den Mantel
anlehnten, durch deren Dach geschützt war, so ist auch bei den frei liegenden Stellen
des Wehrganges auf der Südseite jedenfalls' eine Bedachung vorhanden gewesen.

Östlich am Abhänge des Burgberges auf einem schmalen Plateau erhebt sich die
S. Annakapelle, ein kleiner, einfacher spätgotischer Bau, dessen Chorfenster, soweit
sie nicht inzwischen zugemauert oder in hochgotischen Formen erneuert worden sind,
spätgotisches Fischblasenmaßwerk aufweisen. Über der einfachen spitzbogigen Eingangs-
tür sind beiderseitig auf hohem Sockel barocke Heiligenfiguren aufgestellt, wie denn
auch das Langhaus in der Barockzeit eine Umgestaltung erfahren hat. Bei dieser
Gelegenheit scheint auch das ehemalige Gewölbe im Chor herausgebrochen zu sein.
Möglich, daß der Bau von den ersten Venningen herrührt und erst nach dem Abzüge
der Bauern errichtet worden ist. Die Marienstatue in der Nische über der Ein-
gangstür soll (nach Wilhelmi a.a.O.S. 6) aus der oberen Kapelle des Palas (s.obenS. 138}
stammen. Geringer Kunstweit.
 
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