OTTO MCELLER,
DORFHÄUSER
dichter und schwerer gewoben. Sie hat sich
konsolidiert und gesättigt, die einzelnen Kom-
plexe heben sich sammelig leuchtend voneinan-
der ab, während ehedem der Pinsel die Figur
flüchtiger umschrieb und nur zart aus der ver-
schwebend angedeuteten Umgebung sonderte.
Aber diese Unterschiede bedeuten neben den
bleibenden Eigenheiten der Diktion nicht viel;
indem man sie begrifflich hervorsucht, über-
treibt man sie schon. Jm wesentlichen ist Otto
Mueller nicht von der einmal gefundenen Art
gewichen, die bei manchem herberen Zug nie
annähernd so schroff" und trotzig war wie die
dereinstigen Gefährten im Kreise der „Brücke":
nie brodelnd und ungelüm wie Noldes zyklopi-
scher Expressionismus, nie sinnlich und kraß
wie Pechsteins Anfänge, nie lapidar wuchtend
wie Schmidt-Rottluffs kubisch monumentali-
sierendes Gestalten, auch nicht von der kühnen
Bizarrerie eines Kirchner und selbst nicht ent-
fernt so asketisch steil wie Heckeis Konzeption
des in seine Einsamkeit verbannten Menschen,
mit der Otto Mueller stilistisch und imaginativ
noch am ehesten übereinstimmt. Daher konnte
er eine im ganzen beschwichtigte, ihrer künstle-
rischen Auffassung nach unleidenschaftliche,
die Harmonie des Zuständlichen aufsuchende
Zeit an sich herankommen lassen, ohne sich
ihr besonders anpassen zu müssen.
Weder im Sentiment noch gar in seiner Bild-
methode entspricht Otto Mueller dem, was eine
idyllisierende Richtung des Nachexpressionis-
mus kennzeichnet. Deren kühler Genauigkeit
ähnelt er in keinem Zuge; seine Malerei bringt
wenige malt glutende Farben weich schattend auf
einen rauhen Grund, webt sie gobelinhaft zur
Fläche, ohne im mindesten plastische Klärung
anzustreben. Einzelheiten werden aufgeschluckt
von der porösen Gedämpflheit eines um so tiefe-
ren und geheimnisvolleren Klanges, eingesogen
zumal von der sanften und sammelnden, nur
das Ganze der Haltungumfangenden Zeichnung.
Allein der Rhythmik des Umrisses ist die Bild-
gestalt anvertraut, das Umgrenzte versinkt
gleichsam in sich selbst, um nur durch die
Resonanz, die es dem Umriß verleiht, am Aus-
druck teilzuhaben. Die Innenzeichnung be-
schränkt sich auf eine erdenklich abgekürzte,
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DORFHÄUSER
dichter und schwerer gewoben. Sie hat sich
konsolidiert und gesättigt, die einzelnen Kom-
plexe heben sich sammelig leuchtend voneinan-
der ab, während ehedem der Pinsel die Figur
flüchtiger umschrieb und nur zart aus der ver-
schwebend angedeuteten Umgebung sonderte.
Aber diese Unterschiede bedeuten neben den
bleibenden Eigenheiten der Diktion nicht viel;
indem man sie begrifflich hervorsucht, über-
treibt man sie schon. Jm wesentlichen ist Otto
Mueller nicht von der einmal gefundenen Art
gewichen, die bei manchem herberen Zug nie
annähernd so schroff" und trotzig war wie die
dereinstigen Gefährten im Kreise der „Brücke":
nie brodelnd und ungelüm wie Noldes zyklopi-
scher Expressionismus, nie sinnlich und kraß
wie Pechsteins Anfänge, nie lapidar wuchtend
wie Schmidt-Rottluffs kubisch monumentali-
sierendes Gestalten, auch nicht von der kühnen
Bizarrerie eines Kirchner und selbst nicht ent-
fernt so asketisch steil wie Heckeis Konzeption
des in seine Einsamkeit verbannten Menschen,
mit der Otto Mueller stilistisch und imaginativ
noch am ehesten übereinstimmt. Daher konnte
er eine im ganzen beschwichtigte, ihrer künstle-
rischen Auffassung nach unleidenschaftliche,
die Harmonie des Zuständlichen aufsuchende
Zeit an sich herankommen lassen, ohne sich
ihr besonders anpassen zu müssen.
Weder im Sentiment noch gar in seiner Bild-
methode entspricht Otto Mueller dem, was eine
idyllisierende Richtung des Nachexpressionis-
mus kennzeichnet. Deren kühler Genauigkeit
ähnelt er in keinem Zuge; seine Malerei bringt
wenige malt glutende Farben weich schattend auf
einen rauhen Grund, webt sie gobelinhaft zur
Fläche, ohne im mindesten plastische Klärung
anzustreben. Einzelheiten werden aufgeschluckt
von der porösen Gedämpflheit eines um so tiefe-
ren und geheimnisvolleren Klanges, eingesogen
zumal von der sanften und sammelnden, nur
das Ganze der Haltungumfangenden Zeichnung.
Allein der Rhythmik des Umrisses ist die Bild-
gestalt anvertraut, das Umgrenzte versinkt
gleichsam in sich selbst, um nur durch die
Resonanz, die es dem Umriß verleiht, am Aus-
druck teilzuhaben. Die Innenzeichnung be-
schränkt sich auf eine erdenklich abgekürzte,
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