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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 44.1928-1929

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Hausenstein, Wilhelm: Max Beckmann
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https://doi.org/10.11588/diglit.14159#0177

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B Kunstblbllothek
Staatliche Museen

MAX BECKMANN. STILLEBEN MIT BIRNE

MAX BECKMANN

Wenn man einem Franzosen ein Bild oder eine
Graphik Beckmanns zeigt, so sagt er: dies ist
gotisch. Das Wort „gotisch" (c'est gothique)
hat dahei den Ton der Ablehnung und den
Nebensinn „schrecklich". „Gothique" ist in
solcher Anwendung das französische Attribut
für alles, was an Urkunden deutscher Kunst für
den französischen Geschmack angsterregend ist
und unbegreiflich; es ist das Wort für das durch-
aus Andere. In diesem Wort zitiert noch heule
das romanisierte Gallien vor der germanischen
Völkerwanderung. Und wenn man einem Ita-

Die Genehmigung zur Reproduktion der Allbildungen dieses
Artikels verdanken wir J. B. Neumann, jN'euvork,und A.Flecht-
heim, Berlin. Die Photographien stellte uns das Graphische
Kabinett, München, zur Verfugung.

liener etwas von Beckmann zeigt, so darf man
gewiß sein, daß er — wenn er nicht eine sehr
besondere Ausnahme ist, die es ja freilich wie
in Frankreich auch in Italien gibt — mit ab-
wehrender Gebärde der Hand in den Ruf aus-
brechen wird: „barbaro". Man kann eine ver-
wandte Erfahrung machen, wenn man, einerlei
in welchem Lande, die Kunst Beckmanns einer
Frau zeigt. Je mehr sie Frau geblieben ist, Frau
im allen Sinne, in jenem allen Sinn, der den
Begrilf der Y\ eiblichkeit noch spezifisch er-
füllte, desto eher wird sie geneigt sein, die Kunst
Beckmanns zwar eingeschüchtert, ja erschreckt
hochzuachten, aber aus der Welt der innigeren
Gefühle auszuschließen. Gewiß, es gibt Frauen,
die der Objektivität und Härte männlichen Ur-

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