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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 44.1928-1929

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Heilmaier, Hans: Der Maler Lascaux
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https://doi.org/10.11588/diglit.14159#0430

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Staatliche Museen

DER MALER LASCAÜX

Man hastet seines Wegs, das Hirn voll von
tausend Interessen, von zuckenden Gedanken-
wirbeln. Man nennt das „Sinn für die Realität
des Daseins haben", „Zeitmenschentum". . . .
Das Ohr wird zum Sammelbecken für die un-
unterbrochenen Geräusche derStraße. Das Auge
filtert alles Sichtbare mit mißbrauchtem Seh-
nerv. Der Tastsinn ist längst zum abgestumpften
Mechanismus geworden. Das Bewußtsein aber
ist nicht bei der Sache. Man halte eine dieser
Maschinen aus Fleisch und Bein mitten im
Boulevard an und frage sie etwa nach dem Aus-
sehen der Opernfassade: ein erstaunter Blick,
zweifelnd an der Zurechnungsfähigkeit des
Fragestellers, statt jeglicher Antwort.
Solche Überlegungen sind heilsamer Natur. Sie

werden zu Ruhepunkten im Wirbel der Er-
eignisse. Es öffnet sich ein \\ eg zu reiner Schau
der Dinge, die wir voll glücklichem Erstauntsein
zum ersten Male wahrnehmen. Wir erkennen
das Gesicht der Straße, die wir täglich wie
Blinde durcheilen. Unser inneres Auge wird
zum aufmerksamen Kontrolleur dessen, was
sich in der Netzhaut spiegelt. Eine neue Er-
kenntnis der Dinge steigert die Forschungs-
begierde des Flerzens, dringt in alle Falten der
wieder eroberten Umwelt ein, knetet Geschautes
zum Erlebnis und schöpferischen Eigentum.
Die stummen Gegenstände werden beredt und
wesenhaft. Hellsichtig und empfangsbereit wirft
die wieder erwachte Phantasie ihr Netz über
Nahes und Fernes. Sie lüftet tausend Tarnkap-

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