ERNST FRITSCH.
STRAND VON AHRENSHOOP
ERNST FRITSCH
Die Malerei der Gegenwart, die man als Nach-
expressionismus, magischen Realismus und
neue Sachlichkeit bezeichnet hat, war eine Be-
sinnung auf den Reiz der empirischen Ge-
stalt, den man für vierzig Jahre fast vergessen
hatte. Der Impressionismus hatte die Wirklich-
keit im Licht aufgelöst, hatte sie in ihre Teil-
chen zersetzt und hatte versucht, den Zauber
des Atmosphärischen wiederzugeben. Der
Expressionismus, der ihm folgte, führte, ge-
tragen vom Rausch der Subjektivität, zum
Uberschwang des eigenen geistigen Erleb-
nisses, für das die Realität bedeutungslos
geworden war. Die neue Malerei entdeckte die
Gegenständlichkeit. Sie erlebte die Welt wieder
körperhaft als Materie, so wie sie sich unseren
Sinnen darstellt, denn wir vermögen zwischen
den Dingen der Sichtbarkeit und ihren Eigen-
schaften der Erfahrung kaum mehr zu unter-
scheiden. Aul den Rausch der Farben und die
Dynamik der Formen trat nun völlige Wind-
stille ein. Die Uberfülle, die man vordem in
das Bildfeld gepreßt halte, machte einer be-
tonten, kargen Nüchternheit Platz.
Wie sehr diese Malerei, die scheinbar die Ge-
fahr birgt, allzublaß, dünn und ärmlich zu
werden, auch von einer durchaus bodenständi-
gen und unverbildeten Kraft getragen werden
kann, das zeigt der Maler Ernst Fritsch.
Als Fritsch aus dem Krieg zurückkehrte, wurde
er wie tausend andere mit einer L berfülle von
Gesichten und Möglichkeiten überschüttet.
Um 1919 malt er eine Vorstadt-Kabarett-
sängerin zwischen den weißen Bällen zweier
33'
259
STRAND VON AHRENSHOOP
ERNST FRITSCH
Die Malerei der Gegenwart, die man als Nach-
expressionismus, magischen Realismus und
neue Sachlichkeit bezeichnet hat, war eine Be-
sinnung auf den Reiz der empirischen Ge-
stalt, den man für vierzig Jahre fast vergessen
hatte. Der Impressionismus hatte die Wirklich-
keit im Licht aufgelöst, hatte sie in ihre Teil-
chen zersetzt und hatte versucht, den Zauber
des Atmosphärischen wiederzugeben. Der
Expressionismus, der ihm folgte, führte, ge-
tragen vom Rausch der Subjektivität, zum
Uberschwang des eigenen geistigen Erleb-
nisses, für das die Realität bedeutungslos
geworden war. Die neue Malerei entdeckte die
Gegenständlichkeit. Sie erlebte die Welt wieder
körperhaft als Materie, so wie sie sich unseren
Sinnen darstellt, denn wir vermögen zwischen
den Dingen der Sichtbarkeit und ihren Eigen-
schaften der Erfahrung kaum mehr zu unter-
scheiden. Aul den Rausch der Farben und die
Dynamik der Formen trat nun völlige Wind-
stille ein. Die Uberfülle, die man vordem in
das Bildfeld gepreßt halte, machte einer be-
tonten, kargen Nüchternheit Platz.
Wie sehr diese Malerei, die scheinbar die Ge-
fahr birgt, allzublaß, dünn und ärmlich zu
werden, auch von einer durchaus bodenständi-
gen und unverbildeten Kraft getragen werden
kann, das zeigt der Maler Ernst Fritsch.
Als Fritsch aus dem Krieg zurückkehrte, wurde
er wie tausend andere mit einer L berfülle von
Gesichten und Möglichkeiten überschüttet.
Um 1919 malt er eine Vorstadt-Kabarett-
sängerin zwischen den weißen Bällen zweier
33'
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