Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 44.1928-1929

DOI Artikel:
Werner, Bruno E.: Frühjahrsausstellung der Berliner Secession
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14159#0307

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
B Kuns..............ik

Staatliche Museen
zu Berlin

HEINRICH BRÜNE. FRÜCHTESTILLEBEN

Neue Städtische Galerie, München

für die bildende Kunst, bedenkt man, daß selbst
ein Corinth — bei aller Einsamkeit jedes schöpfe-
rischen Menschen —doch seine Kraft und Ent-
wicklung daraus zog, daß er sich selbst als tra-
genden Träger eines gemeinsamen Wollens emp-
fand.

In einer solchen Zeit, in der die Jungen auf
tausend verschiedenen Wegen nach hundert ver-
schiedenen Zielen marschieren, ist eine Künst-
lervereinigung, die ihr Kraftreservoir einstmals
in der Opposition gegen die akademische Malerei
besessen hatte, in einer heiklen Lage. Die Aka-
demie selbst ist so tolerant geworden, wie sie
nur sein kann. Sie umfaßt Maler und Bildhauer
aller Richtungen. So bleibt beispielsweise der
Secession nichts anderes übrig, als gute Ausstel-
lungen zu veranstalten, die ebenfalls alle Künst-
ler umfassen. Kaum hat sie, wenigstens nach den
herkömmlichen Prinzipien, dieMöglichkeil,ihren
Veranstaltungen ein Gesicht zu verleihen, das
sich wesentlich von dem der Akademie, der No-
vembergruppe oder den Juryfreien unterschei-

det. Das ist bedauerlich. Denn im Publikum
macht sich immer mehr eine wohlwollende Le-
thargie gegenüber Kunstdingen breit. Das Publi-
kum will aufgerüttelt sein, und es ist höchste
Zeit, daß hier etwas geschieht. Eine neue Gene-
ration wächst heran, die man kaum mehr mit
den üblichen Mitteln von der Realität des Lebens
zur höheren Realität des Kunstwerks hinleiten
kann.

Die Frage erhebt sich, wie kann man einer Aus-
stellung heute ein Gesicht verleihen, das den Be-
schauer packt und ihn aus seiner Gleichgültigkeit
aufrüttelt? Es scheint mir so, als gäbe es zur Zeit
nur eine Möglichkeit, die in einer grundsätz-
lichen Änderung des bisherigen Ausstellungs-
wesens liegt. Heute wählt man, wie etwa die
Secession, eine Jury von zehn Herren und eine
Hängekommission von sechs. Man setzt sich zu-
sammen und läßt die Eingänge Revue passieren.
Der eine tritt für diesen Bildhauer ein, der andere
für jenen Maler. Es ist ein kleines Parlament
der Künstler. Aus Uberzeugung. Rücksichten

276
 
Annotationen