in das Städtchen Merseburg an der Saale. Die
Fremde, das monotone Leben in der Gefangen-
schaft haben mehr über ihn vermocht, als das
ungebundene Dasein in der Heimat. Lascaux
malte Aquarelle. Aus Langeweile und Heim-
weh vielleicht. Doch er malte. — Der Krieg ist
vorbei. Die alte Unruhe kehrt nicht wieder.
Oder besser: sie hat jetzt einen Inhalt, ein Ziel.
Es entstehen jene aus Traum und lichter Schau
geborenen Bilder, in denen Paris und seine
Banlieue seltsame Revue passieren, um mit
aufgespeicherten Einnerungen eine heimliche
Ehe einzugehen. Denn all diese Flußufer, ver-
waisten Marktpätze und Pariser"\ orstadthäuser
mit den zernarbten Kaminwänden sind keine
belauerten und erhaschten Motive. Es sind
merkwürdige Reminiszenzen an Bekanntes und
Unbekanntes, Fremdes und Vertrautes. Kaum
denkbar und lebensfähig in einer anderen At-
mosphäre als in der dünnen Luftschicht dieser
Bilder, in der alles Körperliche transparent und
gebrechlich erscheint und trotzdem voll präzi-
ser, autochthoner Gegenständlichkeit. Lascaux
malt Landschaftsarchitekturen voll stilleben-
hafter Existenz und Stilleben, die so ganz und
gar nichts von dem „Bitte, recht freundlich!"
geschickt arrangierter „natures mortes" an sich
haben. Und oftmals bestehen die beiden Arten
nebeneinander auf der Leinwand. Es ist indes
nicht allein der Reiz des Gegensätzlichen, auf
dem die gelegentliche Zusammenfassung der
ihrem banalen Zweck entzogenen Objekte be-
ruht. Hier hat die schöpferische Fähigkeit freien
Komponierens das Wort. Lascaux wahrt die
Einheit des Bildganzen, ohne auf die kostbare
Einzelexistenz der seineiA orstellung entsprun-
genen Dinge zu verzichten. Sie leben in lyri-
scher Eintracht; Blutsbrüder, die eine intime
A erwandtschaft in Farbe und Form ihre ver-
schiedene Herkunft und Bestimmung vergessen
läßt. Der stahlgraue Rauch eines Fabrikschlots
nimmt das Firmament breitflossig in seine Arme.
A om unteren Bildrande her flattern ihm die
Enden eines den Rauchfahnen form verwandten
Schaltuchs entgegen! Immer ist eine geheime
Bindung zwischen den Teilen vorhanden, die
doch mehr als bloße Funktionen im Sinne ku-
bistischen Aufbaus sind und andrerseits mit
dem naiven Darstellungskanon der „peintres
populaires" nichts gemeinsam haben. Der Wirk-
lichkeitssinn eines Eigenbrötlers und die Phan-
tasie eines Poeten des Pinsels finden sich hier
in einer Person beisammen. Lascaux' Bilder
könnten Spitzwegsche Idyllen von heute sein,
entführte sie nicht E. T. A. Hoffmannscher
Geist ins Reich der "\ isionen. Hans Heilmaier
Fremde, das monotone Leben in der Gefangen-
schaft haben mehr über ihn vermocht, als das
ungebundene Dasein in der Heimat. Lascaux
malte Aquarelle. Aus Langeweile und Heim-
weh vielleicht. Doch er malte. — Der Krieg ist
vorbei. Die alte Unruhe kehrt nicht wieder.
Oder besser: sie hat jetzt einen Inhalt, ein Ziel.
Es entstehen jene aus Traum und lichter Schau
geborenen Bilder, in denen Paris und seine
Banlieue seltsame Revue passieren, um mit
aufgespeicherten Einnerungen eine heimliche
Ehe einzugehen. Denn all diese Flußufer, ver-
waisten Marktpätze und Pariser"\ orstadthäuser
mit den zernarbten Kaminwänden sind keine
belauerten und erhaschten Motive. Es sind
merkwürdige Reminiszenzen an Bekanntes und
Unbekanntes, Fremdes und Vertrautes. Kaum
denkbar und lebensfähig in einer anderen At-
mosphäre als in der dünnen Luftschicht dieser
Bilder, in der alles Körperliche transparent und
gebrechlich erscheint und trotzdem voll präzi-
ser, autochthoner Gegenständlichkeit. Lascaux
malt Landschaftsarchitekturen voll stilleben-
hafter Existenz und Stilleben, die so ganz und
gar nichts von dem „Bitte, recht freundlich!"
geschickt arrangierter „natures mortes" an sich
haben. Und oftmals bestehen die beiden Arten
nebeneinander auf der Leinwand. Es ist indes
nicht allein der Reiz des Gegensätzlichen, auf
dem die gelegentliche Zusammenfassung der
ihrem banalen Zweck entzogenen Objekte be-
ruht. Hier hat die schöpferische Fähigkeit freien
Komponierens das Wort. Lascaux wahrt die
Einheit des Bildganzen, ohne auf die kostbare
Einzelexistenz der seineiA orstellung entsprun-
genen Dinge zu verzichten. Sie leben in lyri-
scher Eintracht; Blutsbrüder, die eine intime
A erwandtschaft in Farbe und Form ihre ver-
schiedene Herkunft und Bestimmung vergessen
läßt. Der stahlgraue Rauch eines Fabrikschlots
nimmt das Firmament breitflossig in seine Arme.
A om unteren Bildrande her flattern ihm die
Enden eines den Rauchfahnen form verwandten
Schaltuchs entgegen! Immer ist eine geheime
Bindung zwischen den Teilen vorhanden, die
doch mehr als bloße Funktionen im Sinne ku-
bistischen Aufbaus sind und andrerseits mit
dem naiven Darstellungskanon der „peintres
populaires" nichts gemeinsam haben. Der Wirk-
lichkeitssinn eines Eigenbrötlers und die Phan-
tasie eines Poeten des Pinsels finden sich hier
in einer Person beisammen. Lascaux' Bilder
könnten Spitzwegsche Idyllen von heute sein,
entführte sie nicht E. T. A. Hoffmannscher
Geist ins Reich der "\ isionen. Hans Heilmaier