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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 47.1931-1932

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Erler, Fritz: Aus: "Schlenderweil. Grillen eines Malers"
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https://doi.org/10.11588/diglit.16479#0075

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FRITZ ERLER. BADENDE. AQUARELL

AUS: „SCHLENDERWEIL. GRILLEN EINES MALERS

Mein Großvater war beamtet in der schlesischen
Grafschaft Glatz und hatte in einem alten Schloß
des Grafen Magnis seine Dienstwohnung. Die
Höhe und Größe der bewohnten Räume,, die
hallenden, weißgekalkten Korridore., die sanften
Sandsteintreppen machten auf uns Kinder bei
langen Ferienbesuchen einen großen Eindruck,
um so mehr als sie in einem feudalen Gegen-
satz standen zu meines Vaters kleinbürgerlicher
Beamtenwohnung in dem nahen Frankenstein,
meinem Geburtsort. Ein Graf Leutrum, Mit-
bewohner des Schlosses, welcher aus einem uns
Kindern streng verbotenen Flügel des Gebäudes
hin und wrieder steif, stumm, finster und rätsel-
haft auftauchte, war nur geeignet, die roman-
tische Stimmung zu steigern, noch vermehrt
durch das flüchtige Huschen zweier fremder
kleiner Mädchen mit albino-hellen Haaren und
auffallend roten Mündern durch den uns eben-
falls verbotenen Teil des alten Gartens. Bei mei-

Wir bringen die Veröffentlichung über Prof. Fritz Erler im
Zusammenhang mit einer kürzlich stattgefundenen Ausstel-
lung seiner Werke in Räumen der Münchner Residenz und
verweisen dabei auf unsere früheren Aufsätze im August-
heft 1906 und Oktoberheft 1908.

nen Großeltern sah ich auch die ersten „mit der
Hand gemalten- Bilder, Porträts meiner Ur-
großeltern, meinest rurgroß vatersErinnerungen
an die WeimaranerKlassikerzeitusw. Ich glaube,
daß von diesen frühen Eindrücken eine gewisse
Vorliebe für die Malerei, für hohe, lichte Bäume,
für das Geheimnisvolle verschwiegener Gärten
und für einen bestimmten blonden Mädchentyp
mir geblieben ist. Daß wir dort auch einmal
durch eine sonst stets verschlossene Tür auf eine
kleine Liebhaberbühne gelangen konnten, wo
wir uns zweier riesiger goldener Flügel und
sonstigen vergessenen Maskenkrams bemächtig-
ten, mag immerhin in ^ erbindung stehen mit
meiner erst spät erwachten, dann aber kräftig
einsetzenden Leidenschaft für die Szene und ihre
neue Gestaltung.

Mein Bestreben als Maler war, von den frühen
Anfängen an, zuerst ganz unbewußt, darauf
gerichtet, das Bild der W and, dem Raum, dem
Haus einzugliedern. Für mein Empfinden konnte
die Y\ elt nicht mit dem Bahmen zu Ende sein.
Und da die Räume, welche Anreiz bieten konn-
ten, meistens nicht da waren, so erdachte ich

Kunst für Alle, Jahrg. 47, Heft 3, Dezember 1931

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