DOI Artikel:
Heilmaier, Hans: Bei Henri Matisse
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.16479#0221
HENRI M ATI SSE.
ZEICHNUNG
BEI HENRI MATISSE
Acht Uhr morgens. Die paar Frühaufsteher —
meist auf der traditionellen Europareise befind-
liche Amerikaner — ergehen sich breitspurig
in der kühlen Riesenhalle eines Grand-Hotels
am Boulevard Raspail.
Ich irre durch den Palmengarten dieser Kara-
wanserei up to date und suche den Meister. Er
sitzt im Schutz eines Y\ andschirms geduldig
einem jungen Zeichner, der mit aufgeregter
Hand eine Bildnisstudie von ihm beendigt. Der
Maler der „Joie de vivre" ist ein mustergül-
tiges Modell und rührt sich nicht vom Fleck.
Nur die gütigen und klugen Augen hinter der
unvermeidlichen Brille sind beredt.
Der ..jüngere Kollege" tritt mit seiner kost-
baren Beute einen überstürzten Bückzug an und
läßt uns beide allein.
„Ich hatte drei Verabredungen für gestern,
unter andern mit Ihnen, und habe prompt alle
drei verschwitzt. Statt Sie zu erwarten, saß ich
seelenruhig im Kino. Ein Zustand professo-
raler Vergeßlichkeit, der glücklicherweise nicht
in Gewohnheit ausartet. Aber um so weniger bin
ich dagegen gewappnet."
206
ZEICHNUNG
BEI HENRI MATISSE
Acht Uhr morgens. Die paar Frühaufsteher —
meist auf der traditionellen Europareise befind-
liche Amerikaner — ergehen sich breitspurig
in der kühlen Riesenhalle eines Grand-Hotels
am Boulevard Raspail.
Ich irre durch den Palmengarten dieser Kara-
wanserei up to date und suche den Meister. Er
sitzt im Schutz eines Y\ andschirms geduldig
einem jungen Zeichner, der mit aufgeregter
Hand eine Bildnisstudie von ihm beendigt. Der
Maler der „Joie de vivre" ist ein mustergül-
tiges Modell und rührt sich nicht vom Fleck.
Nur die gütigen und klugen Augen hinter der
unvermeidlichen Brille sind beredt.
Der ..jüngere Kollege" tritt mit seiner kost-
baren Beute einen überstürzten Bückzug an und
läßt uns beide allein.
„Ich hatte drei Verabredungen für gestern,
unter andern mit Ihnen, und habe prompt alle
drei verschwitzt. Statt Sie zu erwarten, saß ich
seelenruhig im Kino. Ein Zustand professo-
raler Vergeßlichkeit, der glücklicherweise nicht
in Gewohnheit ausartet. Aber um so weniger bin
ich dagegen gewappnet."
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