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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 47.1931-1932

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Maraini, Antonio: Emilio Sobrero
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Haenel, Erich: Das Kunstwerk im Raum
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https://doi.org/10.11588/diglit.16479#0099

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reits als ein geschlossenes.. wegsicheres Ganzes
dar, gleich dem Werk eines zum voll beherrsch-
ten Ausdruck seiner selbst gelangten .Meisters.
„Mir will es scheinen"., sagt Sobrero.. da ihn
jemand über die Ungewöhnlichkeit dieser Tat-
sache befragt, „als versuche von den modernen
Künstlern ein jeder, sich in einem engherzigen,
einseitigen Jargon, fast einem Dialekt, auszu-
drücken. Warum nutzen sie denn nicht den
ganzen Reichtum der reinen Sprache in ihrem
vollen t mfang, ihren unerschöpflichen Mög-
lichkeiten und ungezählten Akzenten?" — Tat-
sächlich hat die Kunst unseres Malers bei rech-
ter Betrachtung jene Größe des Ausdrucks, die
er hier meint, ohne gesuchte ^ erzichtleistungen
oder Unklarheiten. Es ist schwer zu sagen, wo
bei ihm der Impressionismus aufhört und die
Sympathie mit dem allerjüngsten antiimpres-
sionistischen Streben einsetzt, wo die künstle-
rische Schau den Weg der Tradition verläßt
und der individuelle Einschlag des Schöpfers
wirksam wird. Aus diesem Grunde ist ja auch,
wie ein Biograph Sobreros richtig bemerkt,
„sein Y\ erk so modern, daß es sich voll neben
die Leistungen der allerfreiesten Stoßtruppen
europäischer Kunst zu stellen vermag, und an-
drerseits so fern allem intellektualistischen und
dekadentistischen Geklügel und allen willkür-
lichen 'S erdrehungen, daß es selbst dem schar-
fen Blick argwöhnischer Neuerungsfeinde kern-
gesund erscheinen muß'-'.

Dabei aber krankt nicht etwa diese Kunst an
jener Charakterschwäche, die man mit dem
fatalen Ausdruck Eklektizismus zu bezeichnen
pflegt : vielmehr fällt sie in den Ausstellungen
schon von weitem durch ihre starke L nverkenn-
barkeit auf. Plastisch vor allem und kraftvoll
in der räumlichen Zusammenfassung ist die

"\ erteilung des Lichts in einem energischen
Hell-Dunkel-Kontrast, der die Formen aus-
drucksvoll zeichnet und modelliert: tief ist der
Klang der Farbe in einer samtigen Skala brau-
ner Töne mit einzelnen Akzenten stählernen
Blaus, das Grau verschimmert; und die Lein-
wandfläche ist wie durchwebt von der schrägen
Lagerung der Pinselstriche, die mit ihrem
Rhythmus die Einheitlichkeit der gesamten
Komposition zu betonen scheinen.
Deutlicher als meine Worte zeigen die Bild-
beigaben den persönlichen V\ ert vertieften
Studiums, beobachtender Erfahrung und kriti-
schen Eifers, dessen es bedurfte, um zu Ergeb-
nissen von derart beherrschter technischer Ein-
fachheit und zugleich wirksamer Darstellungs-
kraft zu gelangen. Tatsächlich ist Sobrero ein
Forschergeist, ein Denker, der auch durch lite-
rarische Beiträge in Tagesblätlern und Zeit-
schriften viel Anerkennung geerntet hat. und
jedes seiner W erke ist der Ausdruck einer in
unermüdlicher Beobachtung von Natur und
Meisterschöpfungen errungenen lebendigen
Überzeugung. INur eine Stufe noch bleibt ihm
zu erklimmen übrig: daß er seine Figuren,
Landschaften, Stilleben, die bei aller Mannig-
faltigkeit die Einheit der sie verbindenden Ab-
sichten in derart hohem Maße dartun, daß sie
wie Teile eines geschlossenen Ganzen wirken, —
daß er sie, sage ich, mit dem Reichtum erlebter
Empfindungen durchglühe.
Dies wäre demnach der letzte entscheidende
Schritt, den wir von Emilio Sobrero zu erwar-
ten berechtigt sind: die Tat kraftvollen Zusam-
menschlusses, welche die Errungenschaften ma-
lerischer Beherrschungen dem Ausdruck des
Beinmenschlichen dienstbar macht.

Antonio Maraini

DAS KUNSTWERK IM RAUM

Der Name, den die Ausstellung des Sächsischen
Kunstvereins in diesem Jahre trug, scheint ein-
deutig und selbstverständlich bis zur Banalität.
Denn sieht man von den Aufgaben ab, die der
Bildhauerkunst vor allem vorbehalten sind, wo
es gilt, ein an sich Raumloses, d.h. einen freien

Platz, Garten oder Weg durch ein Werk körper-
licher Bedeutung zu beleben, so ist wohl jedes
Erzeugnis der bildenden Künste irgendwie dem
architektonisch betonten Raum eingefügt. Vor
allem die Malerei setzt ja, in ihrem Urzustand,
die Wand voraus. Erst das Aufkommen des

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