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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 47.1931-1932

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Heilmaier, Hans: Das Werk des Bildhauers Josef Bernard
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Wolf, Georg Jacob: Wert und Unwert heutiger Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.16479#0113

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Niemals sündigt Bernard gegen das Statische.
Das Denkmal des Michel Servet in Vienne und
die übrigen Monumentalskulpturen zeugen
dafür.

Im Februar nächsten Jahres findet in der Oran-
gerie eine Gedächtnisausstellung statt., die einen
lückenlosen Einblick in das Lebenswerk des
Künstlers ermöglichen wird. Man wird das für
die letzte internationale Ausstellung dekorativer

Kunst gefertigte Tanzfries, alle in Museums-
und Privatbesitz befindlichen Y\ erke. sowie die
zu diesem Zweck rekonstituierten Monumente
zeigen.

Bernards in Deutschland bisher wenig bekannte
Kunst steht., wenn von der französischen Bild-
hauergeneration nach Bodin die Bede ist, mit
jener Maillols, Despiaus und Bourdelles in einer

Front. Hans Heilmaier

WERT UND UNWERT
HEUTIGER KUNSTAUSSTELLUNGEN

Die Ausstellungszeit in Deutschland ist wieder
vorüber; und wie haben Ausstellungsleitungen
und ausstellende Künstler ihre Pflicht und ihre
Mission, die sie der kunstsinnigen Öffentlichkeit
und darüber hinaus unserem Volksganzen, der
deutschen Kultur gegenüber zu erfüllen haben,
erkannt?

Es muß einmal unzweideutig ausgesprochen
werden, daß die durchschnittlichen Kunstaus-
stellungen heute ihren tieferen Sinn und ihre
Bedeutung verloren haben. Sie sind nicht mehr
um der Kunst willen da, nicht einmal mehr um
des \ erkaufes von Kunstwerken willen, sondern
sie gehören einfach in das sommerliche Ver-
gnügungsprogramm großer Städte, sie sind An-
gelegenheit der Verkehrswerbung geworden,
sie bilden einen Teil des sommerlichen Ver-
gnügungsprogramms.

Inmitten einer Y\ elt ohne Ideale oder mit Ide-
alen, die „darnach sind", gibt es wenig Baum
für eine Kunst, wie sie sich die wahren Kunst-
freunde denken. W as nicht laut und grell ist,
wird verdrängt. Ganz gewiß gibt es immer noch
viele Menschen in Deutschland und in anderen
Ländern, die Kunst lieben, Kunst suchen und
auch in Ausstellungen gehen, obschon der Be-
such, den selbst die beste Kunstausstellung
sieben Wochentage über aufweist, kaum einige
Hundertstel dessen beträgt, was sich für andert-
halb Sonntagsnachmittags-Stunden bei einem
mittleren Fußballspiel in einem Mittelstadtsta-
dion zusammenballt.

Aber — werfen wir getrost die ketzerische Frage
auf — trägt die Organisation unseres „Kunst-

betriebs", tragen unsere deutschen Kunstausstel-
lungen an diesen Mißständen nicht mit Schuld?
Das Übel ist nicht allein daraus zu erklären,
daß sich der Sinn des deutschen Volkes gewandt
hat. Warum hat er sich gewandt? Die deutsche
Künstlerschaft hat in ihrer großen Mehrheit den
Zusammenhang mit dem \ olk verloren, das ihm
in der Unklarheit des künstlerischen Wollens
und in der Mißachtung und Verkennung des
Könnens absolut nicht zu folgen vermag. Die
Ausstellungen aber sind die Exponenten dieses
Mißstandes; mehr: sie sind Ursache und Vor-
aussetzung dazu. W ir haben früher die großen
deutschen Kunstausstellungen als die unbedingt
zuverlässigen Wertmesser des Könnens deutscher
Künstlerschaft geschätzt, und es war uns klar,
daß man das Wollen, die Strömungen und Bich-
tungen der deutschen Kunst nur auf diesen Aus-
stellungen zu erkennen vermöge. Wer sich mit
der neueren Geschichte der deutschen Kunst
befaßt, der weiß, was z. B. die Münchner Aus-
stellungen von 1858 und 186g, was die ersten
Ausstellungen der deutschen Sezessionen und
des Deutschen Künstlerbundes bedeuteten. Das
hatte nicht ausschließlich in Charakter und
Qualität der gezeigten Kunstwerke seinen Grund ,
sondern in der Tendenz der Ausstellungen selbst.
Sie waren damals selten und deshalb von Belang,
sie hatten ein Programm aufgestellt, nach diesem
Programm arbeitete und organisierte die Aus-
stellungsleitung, nach ihm waltete die Jury
ihres verantwortungsvollen Amtes. Heute? Wie
steht es heute? Was da als Blüten lese aus zeit-
genössischer deutscher Kunst ausgeboten wird,

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