Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 47.1931-1932

DOI Artikel:
Ferdinand von Miller und Ludwig der I. von Bayern
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.16479#0139

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
so wie ich sie bestellt habe, müssen sie auch ge-
macht werden! Sie junger Mensch meinen. Sie
können arbeiten wie es Ihnen beliebt, die Figu-
ren werden nicht aufgestellt!!"' Dabei hatte er
die Figuren, die im Atelier aufgestellt waren,
noch gar nicht angesehen. Daher wandte sich
Miller an ihn: „„Ja, bitte Majestät, sehen Sie sich
die beiden Figuren an; die eine ist bronziert, die

andere nicht. Der Pecht hat geschrieben--""

„Was, Pecht, ich pfeife auf Pecht!! Ich will
sie nicht, ich bezahle sie nicht." Dabei kniff er
die Augen ganz zu, ein Zeichen schlechtester
Laune. Miller ließ ihn stehen, ging zum Atelier,
machte die Tür auf, und nun war der König
erstaunt: „Ich glaube gar, Sie sind beleidigt;
wie können Sie denn beleidigt sein, wenn Ihnen
der König etwas sagt? Ich bin doch in meinem
Recht!" „„Nein, Majestät, weil Majestät mich
gar nicht haben reden lassen. Diese Figur ist
patiniert und in einer halben Stunde ist sie wie-
der blank wie die andere. Der Pecht hat geschrie-
ben, sie seien wie Kupferkessel." " „ Selber Kessel!
Jetzt scheuern Sie sie wieder blank. Ich will, daß
die Natur patiniert wie bei den Römern: das
weiß der Pecht garnicht." Dabei nahm er, nun
wieder ganz versöhnt und bei Laune, Ferdinand
von Miller am Arm und schlenderte mit ihm in
der Erzffießerei umher.

Einige Jahre nachher beschloß die Stadtge-
meinde München, ihrem großen König ein
Denkmal zu errichten. Ludwig hörte davon und
besuchte Miller senior, der dem Gemeindekolle-
gium angehörte und eingeweiht war. Der König
horchte ihn aus: „Ist das recht, zu Lebzeiten
ein Denkmal? Es freut mich ja sehr! Aber zu
Lebzeiten! Und wer soll es denn machen?"
..„Majestät haben den Künstler zu wählen und
müssen sich halt überlegen, wer die Sache
machen soll. Ich würde vorschlagen, daß man
verschiedenen Künstlern den Auftrag gebe, eine
Skizze zu machen." " „Wieviel Geld ist denn da? "
„„Hunderttausend Gulden."" „Hunderttausend
Gulden — ja, da kann man ja eine Reiterstatue
machen!" Wiedenmann, Halbig, Löw7e wurden
nun beauftragt, Skizzen zu machen. Halbig, ein
sehr weltgewandter, eleganter Mann von besten
Umgangsformen, auf die er sehr viel hielt und
die er auch für sich selbst beanspruchte, hatte
einen sehr guten Entwurf gemacht, aber kein
Reiterdenkmal. „Das ist ja keine Reiterstatue",
warf der König ein. „„Ja, Majestät sind ja auch
kein Reiter!"" „Aber Sie sind ein Kamel, Halbig!
Nehmen Sie es mir nicht übel, aber Sie sind ein

Kamel. Glauben Sie denn, Marc Aurel habe in
Rom am Kapitol eine Reiterstatue erhalten, weil
er ein guter Reiter war? Sie sind ein Kamel!
Adieu!"' Betrübt und geärgert kam der König
zum alten Herrn von Miller: „Es ist schrecklich,
keiner bringt ein Denkmal zusammen, wie es
mir gefällt. Ich kann doch nicht nach Berlin
gehen, um mir ein Denkmal machen zu lassen!"
Miller riet nun, Ludwig solle sich im Museum
bei Schwanthaler den Entwurf für das Denkmal
des Königs Wenzel ansehen: der König im
Krönungsornat zu Pferd, das von zwei Pagen
geführt wird. „Sie auch!" rief da der König
aus, „der eine sagt, ich sei kein Reiter, und Sie
wollen, daß mir das Pferd geführt wird —pfui
Teufel!"' Und fort war er. Aber schon nach
einer Stunde kam er zurück: „So, jetzt war ich
im Schwanthaler-Museum. Sehr schöne Skizze.
Aber das Pferd kann ich mir nicht von zwei
Buben führen lassen: da würde ich lächerlich
werden. Anders wird's doch nicht gehen. Ich
werde zu Wiedenmann gehen, der soll die
Reiterstatue machen, wie er sie entworfen hat."
Aber YS iedenmann benutzte die Skizze Schwan-
thalers, was heute niemand mehr weiß, und aus
den zwei Pferdeführern entstanden die zwei Pa-
gen, die links und rechts vom König zu Pferd
stehen und von denen man nicht weiß, was sie
zu tun haben.

Die Reiterstatue war gegossen und Ferdinand
von Miller hatte sich vorgenommen, sie in einem
Stück in einer Art Triumphzug an ihren Auf-
stellungsplatz an der Ludwigsstraße zu bringen.
Damals waren die auf dem Weg dahin gelegenen
Propyläen noch nicht fertig, nur der Mittelgang
war für Fußgänger passierbar. Miller setzte es
durch, daß er mit der Statue auf dem sechs-
spännigen Wagen durch die Propyläen fahren
durfte. Es war wirklich ergreifend, wie der
König als erster durch die Propyläen durchkam ;
er hat wunderbar in dem marmornen Rahmen
ausgesehen. An einem Ast der großen Bäume
des Gartens am Lotzbeck-Palais verfing sich das
Zepter des Königs; Miller schrie sogleich Halt!,
aber schon war der Stab umgebogen und ab-
gebrochen; an der Barer Straße, da wo Lola
Montez, des Königs einstige Favoritin, gewohnt
hatte, fiel das Zepter herunter. „Es war ganz
merkwürdig, dieser Moment", beschloß Miller
seine Erzählungen um den König, „ich habe
das Zepter aufgehoben und es in den Wagen
hineingelegt, aber so ist der König ohne Zepter
in der Ludwigsstraße eingezogen". vv.

128
 
Annotationen