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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 47.1931-1932

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Sjöblom, Axel: Tore Strindberg
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Kiefer, ...: Goethe und Diderots "Essai sur la peinture", [2]: ein Beitrag zu Goethes Stellung zur Bildenden Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.16479#0156

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Form, der Linie oder — in der Malerei — auch
der Farbe arbeitet. Das Suchen nach dieser ewi-
gen Wahrheit kehrt wieder in allem, was Tore
Strindberg geschaffen hat. Man muß lange vor
seiner Diana mit der Gazelle im Stockholmer
Nationalmuseum verweilen und man wird fin-
den., daß sie so stark komponiert und in ihrer
schlicht gegossenen Form so gearbeitet ist. daß
sie ein vollkommen harmonisches W ohlbefinden
erreicht. Dieser Eindruck verstärkt sich, je
länger und je öfter man das Werk betrachtet.
Darin besteht eine wesentliche Eigenart von
Strindbergs Schaffen, seien es nun seine Por-
trätköpfe von Erwachsenen oder von Kindern,
Gebäudeskulpturen, seine Stuckreliefs in der
Stockholmer Engelbrektskirche oder die dekora-
tiven Skulpturen in der dortigen Technischen
Hochschule usw.

Eine von der Tradition gegebene Auffassung von
Johannes dem Täufer hat der Künstler in einer
Statuette persönlich gestaltet. Der Ausdruck der
Detailform ist stark beschreibend und die Figur

GOETHE UND DIDEROTS

ist zu rhythmischer Einheit verbunden durch
die leichte Beugung des Kreuzes, einen einfachen
und genialen Kunstgriff.

Eine große monumentale Aufgabe hat Strind-
berg mit dem Brunnen auf dem Eisenmarkt in
Gotenburg gelöst. Dieser besteht aus einermäch-
tigen Urne, die in der Mitte von einem Schiff
gekrönt wird, welches die Seeverbindungen von
Gotenburg mit den fünf Weltteilen versinnbild-
licht, deren Personifikationen um das Brunnen-
bassin herumsitzen. Es ist ein mächtiges und
stark ausdrucksvolles W erk, in dem das Gestal-
tungsvermögen des Bildhauers voll zu seinem
Recht gekommen ist. Die fünf Frauenfiguren
können ohne Zweifel zu den besten Werken
schwedischer Bildhauerkunst gerechnet werden,
und was sie dieses Urteils würdig macht, ist
gerade der Umstand, daß sie aus der ewigen
W ahrheit der Skulptur erwachsen sind: der or-
ganischen Konsequenz der Bewegung und der
Harmonie des Stoffes, der Formen und der
Linien. Axel sjöblom

„ESSAI SUR LA PEINTURE

(Fortsetzung von Seite 135)

trocken arbeite; da empört sich in Goethe der
Akademiker, und er verteidigt mit allen Mitteln
das eingehende Studium der Anatomie. (,,.. .was
ist das Äußere einer organischen Natur anders
alsdieewigveränderteErscheinungdesInnern?")
Noch heftiger bekämpft er die an sich gewiß
richtige Meinung Diderots, daß auch die sieben
Jahre Aktzeichnen, die auf der Pariser Akademie
vorgeschrieben waren, leicht zur Manier führen
könnten, weil man immer dasselbe Modell vor
sich sähe, und weil dieses keine natürlichen,
sondern die von dem Professor ihm aufgezwunge-
nen Stellungen einnehmen müsse.
Wie fein ist auch Diderots Bemerkung, daß
man sehr oft auf Gemälden „akademische" Fi-
guren, Stellungen, Handlungen und Bewegun-
gen finde, die „nur denen imponieren, welchen
die Wahrheit fremd ist". Trifft das nicht genau
auf die von Goethe so begünstigten Maler des
Klassizismus zu? Goethe weiß hierauf nur zu

erwidern, daß sich der Künstler vom Modell
nicht einschränken lassen dürfe, sondern daß
er es zu verarbeiten trachten müsse.
Ein Satz hat den Kritiker Goethe besonders ge-
kränkt: „Es gibt nichts Manieriertes, weder in
der Zeichnung, noch in der Farbe, wenn man
die Natur gewissenhaft nachahmt. Die Manier
kommt vom Meister, von der Akademie, von der
Schule, ja sogar von der Antike" — schreibt
Diderot! — Die Antwort Goethes läßt auch an
Schärfe nichts zu wünschen übrig: ... . . im
allgemeinen genommen, ist in deinen Schluß-
worten keine wahre Silbe." Aber an diese Ab-
sage schließt Goethe eine so überraschend mo-
derne Behauptung, daß er selbst vor ihrer Kon-
sequenz erschrickt, ja, sie geradezu „paradox-
nennt, hervorgerufen durch Diderots Paradoxie:
„Durch die treueste Nachahmung der Natur
entsteht noch kein Kunstwerk: aber in einem
Kunstwerk kann fast alle Natur erloschen sein.

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