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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 47.1931-1932

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Keramische Figuren von Josef Hehl, Xanten
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https://doi.org/10.11588/diglit.16479#0195

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JOSEF HEHL.

KARTOFFEL SAMMELNDE FRAU.

KERAMIK

von erschütternder Ausdrucksstärke. In Xanten
aber, wo er im Viktors-Dom die Fülle der schön-
sten niederrheinischen Schnitzaltäre täglich vor
Augen hat, ist das plastische Schaffen immer
mehr in den Vordergrund seiner persönlichen
Arbeit gerückt. Angeregt von den Bildschnitzern
des 15. Jahrhunderts und den Kunsthandwerkern
des 18. Jahrhunderts, hat Hehl eine neue Kunst
und ein neues Kunsthandwerk entwickelt, ohne
den Gefahren einer äußerlichen Anlehnung an
seine Vorbilder zu erliegen. Aus dem Material,
das der Boden spendet, formt er Gestalten, deren
Leben und Existenz ebenfalls fest verwurzelt sind
mit ihrer Heimaterde. Arbeitende Männer und
Frauen des^ olkes von großartiger Eindringlich-
keit und Kraft der Charakterisierung. W ie Frag-
mente von einem großen Denkmal des arbei-
tenden Menschen wirken diese Einzelfiguren und
Gruppen. Sie sind keine pathetische \ erherr-
lichung der Arbeit, sondern eine eindringliche
und ungeschminkte Schilderung der Plage und

Mühsal der namenlosen Masse. Die Gruppen von
hockenden Männern, die den größten Teil ihres
Lebens in dunklen Schächten tief unter der Erde
in gebückter Haltung um kärglichen Lohn ihre
Gesundheit zerrütten, und die Frauen, die hoff-
nungslos müde auf feuchtem Ackerboden krie-
chen, um ihr wichtigstes Nahrungsmittel, die
Kartoffel, zu ernten, sind soziale Dokumente.
Der derbe W erkstoff zwingt zu einfachen For-
men, wie sie auch dem Wesen der Gestalten ent-
sprechen, die Hehl mit einer Schärfe der psycho-
logischen Erkenntnis erfaßt hat, die nur ein
Künstler aufbringen kann, der sich mit den Men-
schen seiner Umgebung in seinem tiefsten Wesen
verbunden fühlt. Wer die Bewohner des Nieder-
rheins kennt, wird in jeder einzelnen Gestalt so-
fort den Typ entdecken.

Es gibt zu denken, daß eine so ungewöhnlich
starke Begabung auch in unserer Zeit überorga-
nisierten Kunstschulbetriebs sich autodidaktisch
in der handwerklichen V\ erkstatt entwickelt hat.

Dr. W. Sch.

Kunst für Alle, Jahrg. 47, Heft ö, März 193-J

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