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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 47.1931-1932

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Heimeran, Ernst: Anekdoten
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https://doi.org/10.11588/diglit.16479#0268

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Makart, so beredt in seinem Stil, war persönlich
ein großer Schweiger. Eine Dame., die bei einem
Essen mehrere Gänge vergeblich auf ein paar
Worte gewartet hatte, sagte endlich: „Könnten
wir nicht einmal von etwas anderem schweigen? "

Als der englische Maler Whistler auf der Münch-
ner großen Kunstausstellung mit einer Me-
daille 2. Klasse ausgezeichnet wurde, bedankte
er sich mit folgendem Schreiben: „Icherlaube
mir Ihnen meinen Dank 2. Klasse abzustatten."
Die A\ elt hat dem lansre verkannten Maler neben
seinen Bildern viele solcher Bonmots zu danken :
die meisten finden sich in seinem polemischen
gegen Buskin gerichteten Werke: „Die artige
Kunst sich Feinde zu machen."'

Der französische Porträtist Bigaud erwiderte
einer stark geschminkten Dame, die sich be-
klagte, die Farben auf ihrem Bilde wären nicht
lebhaft genug. „Aber, gnädige Frau, ich kaufe
doch meine Farben bei dem nämlichen Händler
wie Sie!"

Der Maler Jan Breughel, der „Samt-Breughel",
dem das Figürliche nicht recht lag, malte auf
Bestellung eine Landschaft mit einem Kirchlein ;
der Auftraggeber vermißte aber die gewünschten
Personen. „Sind alle in der Kirche-, sagte Breu-
ghel. „Dann werde ich das Bild erst abnehmen,
wenn die Leute aus der Kirche herausgekommen
sind", antwortete der Besteller und ging.

Polyklet fertigte einmal nach einem Modell zwei
Statuen. Die eine so, wie er es sah, die andere
nach den Anschauungen der Menge. Diese er-
forschte er, indem er viele Besucher über ihr
Erteil zu seinem ersten und eigentlichen Werk
befragte und insgeheim eine diesen Erteilen ent-
sprechende zweite Statue schuf. Dann stellte er
beide Bildsäulen öffentlich aus; die erste wurde
nun allgemein bewundert, die andere belacht.
Endlich nahm Polyklet das Wort und sagte:

„Nun, die Statue da, die ihr tadelt, habt ihr ge-
macht, jene aber, die ihr bewundert, ich."

Alexander der Große besah ein Bildnis von sich,
das Apelles gemalt hatte, lobte es aber nicht so,
wie das Gemälde es verdiente. Lnterdessen wurde
sein Pferd herbeigebracht und wieherte dem
Pferde im Bilde zu, als wäre es ein leibhaftiges.
Da sagte Apelles: „Dein Pferd, o König, scheint
bei weitem mehr von der Malerei zu verstehen
als Du."

Etienne Louvain erzählt in seinen anecdotes en
chemise, Vladimir Orsky, der geistreichste rus-
sische Kunstkritiker, habe fast nie eine Ausstel-
lung selbst besucht, sondern meist seine lang-
jährige Köchin Marina an seiner Statt hinge-
schickt, nach deren urwüchsigen Eindrücken er
dann jene gefürchteten und treffenden Bespre-
chungen verfaßte.

Der wackere Kunstbuchhändler S. in M. erzählte
mir kürzlich folgendes: Er versandte zur Wer-
bung an seine Kunden einen Prospekt schöner
Kunstbücher. Daraufhin bekam er u. a. zwei
Zuschriften aus dem Kundenkreise; beide Kun-
den verbaten sich die künftige Zusendung solcher
Kataloge. Der eine, weil sie hinwiesen auf V\ erke
jüdischer Autoren, der andere aber aus dem
gegenteiligen Grund; daß es nämlich Werke an-
zeige, die sichtlich antisemitisch eingestellt seien.
Der Kunstbuchhändler kratzte sich am Kopf
und berichtete ferner, eine Dame habe ihn zur
Bede gestellt, weil er Beproduktionen franzö-
sischer Maler führe, und als ich noch mit ihm
sprach, betrat den Laden ein Herr, um zu bemän-
geln, daß S. eine Kunstgeschichte in der Aus-
lage habe, die nationalistisch nur die deutsche
Kunst gelten lassen wolle. Dem friedfertigen
Kunsthändler riß endlich die Geduld: „Wenn
ich statt Kunst Publikum zu verkaufen hätte",
rief er in heiterem Zorn, „Euch, Herr, stellte ich
freilich nicht ins Fenster." E. Heimeran

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