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Das Kunstgewerbe in Elsaß-Lothringen — 3.1902-1903

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Seder, Anton: Ein Gang durch Karlsruhe und seine Jubiläums-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6478#0071

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Prof. A. Seder: Ein Gang durch Karlsruhe und seine Jubiläums-Ausstellung. 61

Lalique'scher und anderer Pariser Gold-
schmiedearbeiten, sowie auch englischer
Bijouterien steht. Immerhin ist es erfreu-
lich, besonders nach technischer Richtung,
einen grossen Fortschritt gegen früher
konstatieren zu können. Der Hauptwert
ist, wie bei den französischen und englischen
Vorbildern, auf die richtige Behandlung des
Materials gelegt, die durch Anwendung
von Farbsteinen, Perlen und Emaille oft
sehr fein gehoben wird. Es werden dadurch
Effekte erzielt, welche an die bis jetzt ein-
zig dastehenden Goldschmiedearbeiten der
griechisch - römisch - byzantinischen und
romanischen Perioden erinnern, ohne aber
in den Geist derselben einzudringen. So-
viel ist sicher, dass sich auf diesem Gebiete,
wie ja auch auf vielen andern des heutigen
Kunstgewerbes, das Bestreben geltend
macht, den Werken der «Antike» in Form,
Farbe und Technik möglichst nahe zu
kommen. Bei aller «Moderne» ist und
bleibt sie immer das Ideal!
Durchwandert man heute die
Ausstellungen der Kunst und
des Kunstgewerbes, so wird
der aufmerksame Beobachter,
der genauen Einblick in den
augenblicklichen Stand beider
Gruppen besitzt , zu dem
Schlüsse gelangen, dass sich
auf allen Gebieten der künst-
lerischen Tätigkeit ein Rin-
gen und Streben nach Selb-
ständigkeit und nach Klassi-
zität bemerkbar macht, dass
hinsichtlich des Kennens und
Könnens in den letzten zehn
Jahren eminente Fortschritte
gemacht worden sind, welche
besonders auf dem Gebiete
der Farbe und der Farben-
zusammenstimmung zur Gel-
tung kommen; ebenso in der
Behandlung des Materials ist
man ganz gewaltig vorwärts
geschritten, in der Form aber,
welche nach der ewig fernen
Schönheit ringt, ist ja auch
ein Fortschritt unverkennbar zu

verzeichnen, leider aber ist dieser durch Aus-
wüchse aller Art und durch Schmarotzer-
pflanzen, welche ihn überwuchern, so ver-
deckt, dass er oft nur schwer entdeckt
werden kann.

Durch eine Konkurrenz, wie sie wahr-
scheinlich noch nie in der Kunst und im
Kunsthandwerk zu verzeichnen war, auf-
geweckt, ist augenblicklich ein Wettkampf
entbrannt, der alle Beteiligten zu Anstreng-
ungen anspornt, welche sicher nicht ohne
Erfolg bleiben werden. Wie auf andern
Gebieten der Technik, der Industrie und
Wissenschaft immer gewaltigere Fort-
schritte hervortreten, so wird sich auch in
der Kunst trotz aller heutigen Unklarheit
und Unfertigkeit über kurz oder lang eine
Glanzperiode heraus krystallisieren, die
vielleicht vollkommen würdig ist, der klas-
sischen Periode an die Seite gestellt zu
werden.

Brunnen aus Dangolsheim Unt.-Els.
 
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