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Das Kunstgewerbe in Elsaß-Lothringen — 3.1902-1903

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Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.6478#0072

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KLEINE MITTEILUNGEN

Ausgrabung des Frauenklosters Nie-
dermünster. — In einem kleinen anmutigen
Tale am Fusse des Odilienbergs liegen die
Ruinen des Frauenklosters Niedermünster, das
einst von Hohenburg aus gegründet wurde. Der
Neubau der Kirche, der durch die Aebtissin Ede-
linde von Niedermünster in Angriff genommen
und 1180 geweiht wurde, ging im 16. Jahrhun-
dert (1546) durch eine Feuersbrunst zu Grunde.
Bis vor einigen Jahrzehnten konnte man den
Grundriss der vernichteten Kirche deutlich
aus den ansehnlichen Ruinen erkennen; dann
verschwanden unter Schutt und Geröll auch
diese Trümmer und manches Baustück ging
als herrenloses Gut in fremde Hände über.
Es ist dankbarst anzuerkennen, dass sich die
Landesregierung und das Bistum, auf dessen
Grund und Boden sich die Ruinen befinden,
vereinigten, um Mittel zur Blosslegung der-
selben, über die bis vor kurzem der Pflug
ging, zu bewilligen. Die Kirche Niedermüns-
ter muss ursprünglich durch ihre Grösse und
durch die Schönheit ihrer Formen einen mäch-
tigen Eindruck auch in ihrem Innern gemacht
haben. Soweit der heutige Stand der Aus-
grabungen einen Ueberblick zu bieten vermag,
besass die Kirche eine oblonge gewölbte
offene Vorhalle, von der aus eine nun freige-
legte breite Treppe in das Langhaus der
Kirche hinab führte. Das Schiff misst ca. 20,
das Chor 8 Meter in der Länge. Der ganze
Bau wurde von acht Säulen und Wandpfeilern
getragen; vor dem wohl einst dreiteiligen,
platt geschlossenen Chor, zu welchem links
und rechts je eine Treppe führte, steht ein
steinerner Altar; ein anderer befindet sich im
Chore. Unter den auch für das elsässische
Kunstgewerbe wertvollen Funden, welche bis
jetzt gemacht wurden, sind die Beschläge zur
Türe der Klosterkirche und ein Reliquien-
kästchen zu erwähnen, das auch einen mit
dem Anfange des Johannesevangeliums be-
druckten Papierstreifen enthielt. Ferner fand
man einen in guten Formen ausgeführten
Weihwasserkessel, in Stein gearbeitete Kreuze,
die vom Aeussern der Kirche stammen, ori-
ginell dekorierte Säulen u. dgl. Vieles — und
vielleicht das Beste, was Niedermünster an
sculptierten Baustücken, an Säulchen und
Ornamentstücken besass — befindet sich heute
im Garten des Schlosses der freiherrlichen Fa-
milie Bussiere in Ottrott, an einem alten Befesti-

gungsturm nach malerischen Grundsätzen ver-
wendet. In der Mitte der Kirche steht ein herrli-
ches, noch gut erhaltenes steinernes Becken, das
ungefähr einen Meter Durchmesser hat; in der
Mitte seines Bodens befindet sich eine Oeffnung,
durch welche es mit Wasser angefüllt wurde;
das Wasser wurde von der bekannten Quelle
der hl. Odilia hergeleitet und diente zum
Waschen der Augen. Rechts vom Chor fand
man das Grab einer Aebtissin; dasselbe be-
steht aus einem sogenannten Kenotaphium
und dem eigentlichen Grab. Das Kenotaphium
wurde durch einen auf kleinen Säulen ruhen-
den Grabstein gedeckt. Leider ist dieser Grab-
stein zerbrochen. Er ist mit folgender In-
schrift versehen: Margar Sanin, abbatissa in-
ferioris monasterii Hohenburg Anno Du
MCCCLX und trägt das Bild der Aebtissin
in Stein eingemeisselt. Ein anderer Grabstein
wurde in der Mitte des Chores gefunden.
Dieser ist noch völlig erhalten, zeigt einen
auf ihm eingemeisselten Aebtissinnenstab und
trägt folgende Inschrift: Anno Dn ungentesimo
decimo quarto nonas Aprilis obiit gratiosa et
nobilis Dna Ursula v. Tribel. Beide Steine
messen ungefähr zwei Meter in der Länge
und einen Meter in der Breite. Die Inschrift
auf dem einen ist in frühgotischer, auf dem
andern in hochgotischer Schrift ausgeführt.
Die kleineren kunstgewerblich interessanten
Funde sind dem Museum des Odilienbergs
überwiesen worden.











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Türklopfer aus dem Elsass,

Für die Redaktion verantwortlich : Prof. Dr. Leitschuh in Strassburg.
 
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